Luftsachen    In dem Loche neben dem unseren befand sich ein großer einäugiger Kerl mit einem Knebelbart, griesgrämigem Gesicht und breiten Schultern, die mit Striemen übersät waren. Er trug mehr Eisen, als auf dem Grunde der Biskaya liegt, nämlich zwei Paar Fußschellen und eine schwere Kette. Man nannte ihn den Riesen. Er sagte, er sei wegen »Luftsachen» festgenommen worden, so daß ich vermutete, es sei wegen gestohlener Blasebälge, Schalmeien oder Fächer geschehen. Ich fragte ihn, ob sein Vergehen damit zusammenhänge. Das verneinte er und erklärte, es sei wegen Sünden, die hinten liegen. Ich glaubte, er meine längst vergangene Dinge, erfuhr aber schließlich, es habe sich um einen Lustknaben gehandelt. Wenn ihn der Kerkermeister wegen irgendeiner Unziemlichkeit ausschalt, nannte er ihn einen Kämmerer des Henkers und Hauptverwalter aller Verbrechen. Manchmal drohte er ihm auch, indem er sagte: »Was wagst du armseliger Tropf dich an das, was den Rauch macht. Gott ist Gott, möge er dich auf dem Wege ernten.« Er hatte sein Verbrechen gestanden und war so hundsgemein, daß wir alle wie Hofhunde Stachelhalsbänder am Hintern tragen mußten. Niemand wagte es, einen Wind zu lassen, aus Angst, ihn daran zu erinnern, wo man seinen Hintern hatte.   - Francisco de Quevedo, Das Leben des Buscón. In: Spanische Schelmenromane, Hg. Horst Baader. München 1965
 

Luft

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