Löwengrube  Einer Single, einer kurz vor der Hochzeit. Beide firmenbekannte Frauenverschleißer, beide mit einem gut gepflegten Image als Macho. Und ich: Frau, 27! An meinem ersten Arbeitstag fiel ich in den Löwenkäfig.

„Hey, Baby!“, hörte ich zur Begrüßung. Und mein erster Gedanke war: Kann man Testosteron eigentlich riechen? Wenn ja, müsste es ein Gemisch aus kaltem Zigarettenqualm und teurem Aftershave sein. Hinter dem Arbeitsplatz von Mann A hing ein Bild eines Machos mit Sonnenbrille, bei Mann B hing ein Poster eines jungen Models. Doch zum Glück wurde mir schnell klar: Ich bin zu alt, um die Aufmerksamkeit meiner Jungs zu gewinnen. Das sexuelle Interesse der beiden beschränkte sich auf junge Frauen, eher Praktikantinnen, unter 24. Immer wenn eine passende Kandidatin an der Glastür vorbeiwackelte, begannen die beiden zu fachsimpeln. Ein Beispiel: „Ist schon sexy. Schon selbstbewusst. Fraulich. Sieht nicht besonders aus, aber versprüht so einen Sex!“ Die andere Zielgruppe waren Playmates, deren Kalender bei uns herumlag und immer mal wieder angeschaut und kommentiert wurde: „Wieso schaust du auf die Haarfarbe? Ass matters!“

So wurde ich stille Teilhaberin des Sprüche-Kosmos. Schon nach wenigen Tagen machte Mann A mir klar: „Wir sind nicht anders, weil du jetzt da bist. Du kriegst uns, wie wir sind: authentisch und horny.“ Mann B ergänzt: „Steadily horny!“ Ja, das konnte ich bestätigen. Ein normaler Tag verlief ungefähr so: Mann A stürzte seine Dose Red Bull hinunter und sang schon morgens: „Girls, girls, girls!“ und „I wear my sunglasses at night!“, Mann B philosophierte, während er sich – nur so um seinen Oberkörper zu zeigen – Handcreme in den Bauchnabel laufen ließ: „Leben oder lieben? I choose life!“

Im Laufe des Tages fingen sie dann an, sich gegenseitig mit ihrer Männlichkeit zu übertrumpfen. Mann B: „Ein Orgasmus ist bei mir garantiert.“ Mann A: „Bei mir zwei.“ Oder Mann B: „Ich trainiere so viel, dass mir meine Sakkos nicht mehr passen, während du jeden Abend vom Sofa aus mit 300 Fernbedienungen dein Unterhaltungsprogramm steuerst!“

Und das waren nicht nur aufgeblasene Sprüche, denn es folgten Taten: Holte sich der eine einen Käseteller aus der Kantine, holte der andere auch einen – und dazu noch einen Spezi. Zwischendurch arbeiteten meine Jungs auch, nicht ohne Gedankenaustausch. Mann A: „Was tippst du denn da so viel?“ Mann B: „Ich chatte im Erotikforum!“ Danach prusteten beide los – sodass Mann A seinen Spezi auf den Teppich spuckte.

Spätestens hier könnte man denken, dass meine beiden Kollegen einfach nur prollige, primitive Kleinhirne sind. Doch auf dem Schreibtisch von Mann A lagen Opernkarten, Mann B hat im Regal hinter sich die Bibel stehen. Perfide Tarnung? Eine Antwort habe ich nicht gefunden, aber den Respekt vor Männern ein Stück weit verloren.

Als die Zeit meines Auszuges aus dem Zimmer näher rückte, fing ich trotzdem an, meine Jungs zu vermissen. Ich wurde zwar von ihnen angebellt, aber nie gebissen.  - Süddeutsche Zeitung

 

Löwe

 

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