Loch, letztes  Sie merkte, daß wir zwar eine Flasche, aber keine Gläser hatten. Wieder zurück in die Küche. Weiß der Teufel, warum sie jetzt drei Gläser mitbrachte, langstielig, sehr elegant, sehr zart, hübsch getönt. Aber sie hatte einen guten Riecher. Als erstes machte sie eins kaputt. Sie nahm die Scherben und tat sie in ihre Manteltasche. Eine gute Hausfrau!

„Schütten Sie ein", sagte sie. „Ich bin so langsam hinüber." Sie gähnte, zog den Mantel aus. Er flog in eine Ecke.

„Diese Scheißgürtel verdrehen sich immer", knurrte sie. Sie wackelte hin und her, so daß ihre Bluse locker um ihre Hüften wehte. Kein schlechtes Dekolleté... Mit einer Hand versuchte sie, ihren Büstenhalter zurechtzuziehen.

Glotz nicht so, Süßer", sagte sie.

„Worauf denn?" grinste ich. „Sie verstecken ja alles."

Sie lachte schallend und wirbelte auf dem Absatz herum. Um ein Haar war sie hingefallen. Dann ließ sie sich in den Sessel mir gegenüber fallen. Ihre sehr hoch übereinandergeschlagenen Beine waren immer noch schön. Ein Strumpf hatte sich verdreht. Beim andern waren die Laufmaschen kaum noch zu zählen. Sie sah mich an. Ich sah sie an. Wir sahen uns an.

„Nicht glotzen", wiederholte sie. Ich stand auf und brachte ihr ein Glas. Clara Nox! Überall Falten der Bitterkeit unter einer scheußlichen Maske. Sie hatte bestimmt viele aufs Kreuz gelegt. Jetzt lag sie auf dem Kreuz. Viele hatten nach ihrer Pfeife getanzt. Jetzt pfiff sie auf dem letzten Loch.

Sie zündete sich eine Zigarette an. Von dem Rauch mußte sie husten. Sie kratzte sich den Hals und schob dabei einen Finger unter das kurze Halstuch. Eins von den Dingern, die voyou genannt werden. Das war alles, was noch an ihre große Zeit als Sängerin erinnerte.

„Willst du mit mir schlafen, du kleiner Lüstling?"    - Léo Malet, Wie steht mit Tod?  Reinbek bei Hamburg 1985

 

Loch Pfeifen Ende

 

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