Literaturunterricht  Er gab ihnen ›Shane‹ zu lesen und verbrachte die Stunde damit, sich Notizen für seinen Vortrag zu machen. In der Ferne hörte er die Bohrer weitermalmen. Wilt stellte sich Eva vor, wie sie unten im Bohrloch läge, wenn sie den Beton reinschütteten. In ihrem zitronengelben Schlafanzug. Das war ein angenehmer Gedanke und er half ihm bei seinen Notizen. Als Überschrift notierte er: ›Das Verbrechen in der Familie, Untertitel (A): Der Gattenmord‹.   - Tom Sharpe, Puppenmord. München 2004 (Süddeutsche Zeitung Kriminalbibliothek 26)

Literaturunterricht (2)  Die Schüler schnitzten mit ihren Taschenmessern in die Bänke oder machten kleine Kügelchen aus Papier, so kleine, wie es nur ging, und warfen sie ins Tintenfaß. Das stellte einen Teich und Fische darin vor, und so angelten sie diese mit einem Haar, doch gelang das nicht, denn das Papier wollte nicht anbeißen. Also kitzelten sie mit dem Haar die Nase oder übten ihre Unterschriften in den Heften, eine nach der anderen, mal mit Schnörkel, mal ohne, und einer schrieb in Schönschrift eine ganze Seite voll: War-um, war-um, war-um, Slo-wac-ki, Slo-wac-ki, Slo-wac-ki, wac-ki, Wa-cek, Wa-cek, Slo-wac-ki, Fliege, Floh. Ihre Gesichter wurden armselig. Wohin waren die kürzliche Erregung, die Streiterei und Diskussion entschwunden? Nur ein paar Glückliche hatten Gottes Welt über einem Wallace vergessen. Selbst Siphon sah sich gezwungen, die ganze Kraft seines Charakters anzustrengen, um seinen Prinzipien von Selbstvervollkommnung und Selbstbildung nicht untreu zu werden, doch verstand er es, sich so einzurichten, daß gerade der Verdruß ihm zur Quelle für Lust und zum Probierstein seiner Charakterstärke wurde. Wieder andere spielten Berge und Täler auf ihrer Hand und bliesen in die Täler - ach, ach, Täler, Berge, Täler, Berge.

Der Lehrer seufzte auf, unterdrückte etwas, sah auf die Uhr und sagte: »Ein großer Dichter! Merkt euch das, denn das ist wichtig! Warum lieben wir ihn? Weil er ein großer Dichter war. Ein großer Dichter war! Faulpelze, Dummköpfe, ich sage es euch doch ruhig, hämmert euch das in eure Köpfe ein! Also noch einmal, meine Herren, ich wiederhole: ein großer Dichter, Julius Slowacki, ein großer Dichter, wir lieben Julius Slowacki und begeistern uns an seinen Gedichten, weil er ein großer Dichter war. Bitte schreiben Sie sich das Thema für einen Hausaufsatz auf: ›Warum wohnt den Gedichten des großen Dichters Julius Slowacki eine unsterbliche Schönheit inne, die unser Entzücken erweckt?‹«-

An dieser Stelle des Vortrags wand sich einer der Schüler nervös aus seiner Bank und jammerte:

»Aber wenn ich mich doch überhaupt nicht entzücke! Überhaupt nicht entzücke! Das interessiert mich nicht! Ich kann nicht mehr als zwei Strophen lesen und auch das interessiert mich nicht. Um Gottes willen, wie soll mich das entzücken, wenn es mich nicht entzückt?«

Mit stierem Blick setzte er sich und versank in irgendwelchen bodenlosen Schlünden. Dies naive Bekenntnis verschlug dem Lehrer den Atem. »Stille, um Gottes willen, stille!« zischte er. »Galkiewicz, ich gebe Ihnen eine Fünf. Galkiewicz, Sie wollen mich ins Unglück stürzen? Sie machen sich wohl gar nicht klar, was Sie gesagt haben?«

GALKIEWICZ:

»Aber ich kann es nicht verstehen! Ich kann nicht verstehen, wie es entzückt, wenn es nicht entzückt.«

LEHRER:

»Wieso entzückt es Sie nicht, wenn ich Ihnen tausendmal erklärt habe, daß es Sie entzückt.«

GALKIEWICZ:

»Aber mich entzückt das nicht.«

LEHRER:

»Das ist Ihre Privatsache. Offenbar sind Sie nicht intelligent.«  - (fer)

 

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