Literatur, wissenschaftliche  Nachdem mein Vater die Hosenfrage mit meiner Mutter debattiert hatte, - konsultierte er den Albertus Rubenius darüber; und Albertus Rubenius spielte meinem Vater bei der Konsultation (womöglich) zehnmal ärger mit, als selbst mein Vater meiner Mutter ehedes mitgespielt: Denn da Rubenius eigens einen Quartband De re Vestiaria Veterum geschrieben hatte, - so wäre es freilich an Rubenius gewesen, meinem Vater einiges Licht zu geben. - Doch Pustekuchen, mein Vater hätte sich ebensogut darauf kaprizieren können, die sieben Kardinaltugenden aus einem langen Bart zu extrahieren, - wie auch nur ein einziges Wort aus dem Rubenius über diesen Gegenstand.

Hinsichtlich aller anderen antiken Kleidungsartikel gab sich Rubenius außerordentlich mitteilsam gegen meinen Vater, - schuf ihm erschöpfend und befriedigend Auskunft über 

Die Toga oder das weite Obergewand.
Die Chlamys.
Das Ephod. 
Die Tunica oder Jacke.
Die Synthesis.
Die Paenula.
Die Lacerna mit ihrem Cucullus
Das Paludamentum.
Die Praetexta.
Das Sagum oder den Soldatenmantel.
Die Trabea: deren es nach Suetonius drei Arten gab. -

—  Aber was hat mir das alles mit den Hosen zu schaffen? sagte mein Vater.

Rubenius tischte ihm allerhand Schuhwerk auf, so bei den Römern in Mode gewesen. —— Da war

Der offene Schuh.
Der geschlossene Schuh.
Der Schlupfschuh.
Der Holzschuh.
Der Soccus.      _
Der Halbstiefel.
Und Der Soldatenschuh mit Nägeln, den Juvenal erwähnt. Da waren
Die Botten.
Die Pantinen.
Die Pantoffeln.
Die ungegerbten Fellschuhe.
Die Sandalen mit Riemen. Da war
Der Filzschuh. 
Der Leinenschuh.
Der Schnürschuh.
Der geflochtene Schuh.
Der calceus incisus. Und
Der calceus rostratus.

Rubenius zeigte meinem Vater, wie gut sie alle paßten, - auf weiche Art man sie schnürte, - mit was für Senkeln, Strippen, Nesteln, Riemen, Bändern, Schnallen und Schlaufen. ——

— Aber von denen Hosen will ich Bescheid wissen, sagte mein Vater.

Albertus Rubenius belehrte meinen Vater, daß die Römer gar mancherlei verschiedene Stoffe verfertigten, — einige schlicht, - einige gestreift, - solche, wo die Wolle ganz mit Seide und Gold durchwirket — Daß das Linnen erst gegen Ende des Reiches allgemein in Gebrauch gekommen, als die Ägypter, welche sich bei ihnen ansiedelten, solches in Mode gebracht.

— Daß Personen von Stand und Vermögen sich durch die Feinheit und Weiße ihrer Kleidung distinguierten; welch letztere Farbe (nächst dem Purpur, der den hohen Amtsträgern vorbehalten blieb) sie vorzüglich schätzten und zu ihren Geburtstagen und bei öffentlichen Lustbarkeiten anlegten. — Daß es aus den besten Geschichtsschreibern jener Zeit erhellet, daß sie ihre Kleider oft zum Walker schickten, um sie reinigen und bleichen zu lassen; — daß aber das niedere Volk, um diese Ausgabe zu sparen, für gewöhnlich braune Kleider von etwas gröberer Webart trug, - bis gegen Anfang der Regierung des Augustus, da sich der Sklave kleidete wie sein Herr und fast alle Unterschiede im Aufzug verlorengingen, mit Ausnahme des Latus Clavus.

Und was, bitte, war der Latus Clavus? sagte mein Vater.

Rubenius ließ ihn wissen, daß dieser Punkt unter den Gelehrten noch strittig sei: — Daß Egnatius, Sigonius, Bossius Ticinensis, Bayfius, Budaeus, Salmasius, Lipsius, Lazius, Liam Cart-wheel, Isaac Casaubon und Joseph Scaliger alle voneinander abwichen, und er selbst wiederum von ihnen: Daß einige den Knopf darunter verstünden, - einige das Gewand selbst, - andere bloß dessen Farbe: - Daß der berühmte Bayfius in seiner Antiken Garderobe, Kap. 12, - aufrichtig bekenne, er wisse nicht, was es sei, - ob eine Fibula, - eine Verzierung, - ein Knopf, - eine Schlinge, - eine Schnalle, - oder Spangen und Halter. ——

— Mein Vater gab die Taub' auf dem Dache preis, behielt aber den Spatz in der Hand — Haken und Ösen sind's, sagte mein Vater — und so bestellte er denn meine Hosen mit Haken und Ösen.   - Laurence Sterne, Leben und Ansichten des Tristram Shandy, Gentleman. Übs. Michael Walter. Frankfurt am Main 2010

 

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