ilienhals  »Harriet, wollen Sie mir erlauben, Ihnen zu zeigen, Wie man einen Angriff abwehrt — falls es dazu kommen sollte?«

»Einen Angriff? Ja, gern. Ich bin zwar kräftig, und ich traue mir zu, daß  ich so ziemlich mit allem fertig werde, außer mit einem Dolchstoß in den Rücken. Den hatte ich eigentlich erwartet.«

»An den glaube ich nicht«, sagte er kühl. »Er hinterläßt Spuren und eine blutige Waffe, die man loswerden muß. Erdrosseln ist sauberer, geht rascher und macht fast keinen Lärm.«

»Brr!«

»Sie haben einen hübschen Hals dafür«, fuhr Seine Lordschaft nachdenklich fort. »Er hat etwas von einer Aaronslilie, was an sich schon zur Gewalt verlockt. Ich möchte nicht von dem Dorfgendarmcn wegen Angriffs auf eine Frauensperson verhaftet werden, aber wenn Sie so freundlich wären, mir in diese bequem gelegene Wiese zu folgen, so wird es mir ein großes Vergnügen sein, Sie nach allen Regeln der Kunst in verschiedenen Stellungen zu würgen.«

»Sie sind ein unheimlicher Ausflugsgenosse.«

»Ich spreche völlig im Ernst.« Er war ausgestiegen und öffnete die Tür des Wagens für sie. »Kommen Sie, Harriet. Ich tue sehr korrekt, als wäre es mir ganz gleich, welchen Gefahren Sie ausgesetzt sind.«

»Sie werden mir das Gefühl der Hilflosigkeit und Unwissenheit geben«, sagte Harriet, folgte ihm aber trotzdem.

»Diese Wiese paßt ausgezeichnet. Sie ist nicht gemäht, hat nicht viele Disteln und Kuhfladen, aber dafür eine hohe Hecke, die uns von der Straße abschließt.«

»Und man fällt weich und hat einen Teich, um die Leiche hineinzuwerfen, falls die Begeisterung Sie fortreißt. Also los; ich habe mein Nachtgebet gesprochen.«

»Dann stellen Sie sich bitte vor, ich sei ein Mörder mit einem unangenehmen Gesicht und mit Absichten auf Ihre Geldbörse, Ihre Tugend und Ihr Leben.«

Die nächsten paar Minuten waren ziemlich atemraubend.

»Schlagen Sie nicht so sehr um sich«, sagte Peter nachsichtig. »Sie. ermüden sich damit. Benutzen Sie mein Gewicht, um mich damit umzuwerfen. Ich überlasse es Ihnen ganz, und ich kann es nicht nach zwei Richtungen gleichzeitig einsetzen. Wenn Sie meine Neigung zum Purzelbaumschlagen   ausnutzen,  werde   ich  mit  der Präzision  von Newtons Apfel nach der anderen Seite fallen.«

»Das verstehe ich nicht«, meinte Harriet, als die Füße ihr schmäh-lich unter dem Körper weggezogen wurden. Sie rieb sich empört. »Jetzt lassen Sie es mich einmal mit Ihnen probieren.«

Diesmal gelang es ihr, ob durch Geschicklichkeit oder Zufall, ihn aus dem Gleichgewicht zu bringen, so daß er sich nur durch einen geschickten Ruck, der an den eines gefangenen Aals erinnerte, vor dem Sturz bewahrte.

»Nun ist's wohl genug«, sagte Peter, als er ihr gezeigt hatte, den von vorn anspringenden, den von rückwärts auftauchenden und den raffinierten, mit einem Seidentuch arbeitenden Mörder abzuwehren. »Morgen wird Ihnen zumute sein, als hätten Sie Fußball gespielt.«

»Im Ernstfall ginge es noch um einiges brutaler her. Ihnen möchte ich nicht in einer finsteren Nacht in einem Hohlweg begegnen. Ich hoffe nur, der Poltergeist hat keine fachgemäßen Studien gemacht. Peter, Sie befürchten doch nicht ernstlich—«

»Ich vermeide ernstliches Denken wie die Pest. Aber ich versichere Ihnen, zum Spaß habe ich Sie nicht niedergeworfen.«

»Das glaube ich Ihnen. Kein Herr könnte eine Dame unpersönlicher würgen.« - Dorothy Sayers, Aufruhr in Oxford. Bergisch Gladbach 1979 (zuerst ca. 1935)