»Recht artige Versprechungen«, sagte der Student, »aber ihr Herren Teufel, wißt ihr auch, daß man allgemein von euch sagt, ihr nehmt es mit dem Worthalten nicht besonders genau?« -»Dieser Vorwurf«, versetzte Asmodeus, »ist nicht ganz unbegründet. Die meisten meiner Brüder machen sich kein Gewissen daraus, euch Menschen ihr Wort zu brechen. Ich aber, der ich ohnehin den Dienst, den ich von Euch erwarte, nicht teuer genug bezahlen könnte, bin Sklave meiner Schwüre, und ich schwöre Euch bei allem, was sie unverletzlich macht, daß ich Euch nicht betrügen werde. Verlaßt Euch auf meine Versicherung, und was Euch gewiß lieb sein wird, ich erbiete mich, Euch noch heute nacht an dieser treulosen Dona Thomasa zu rächen, die vier Schurken bei sich versteckt hatte, um Euch zu überfallen und zur Heirat mit ihr zu zwingen.«
Das letzte Versprechen war dem jungen Zambullo besonders angenehm. Um die alsbaldige Erfüllung desselben herbeizuführen, griff er schnell nach der Flasche, worin der Geist war, und warf sie, ohne sich um die etwaigen Folgen zu bekümmern, aus Leibeskräften auf die Erde. Sie zerbrach in tausend Scherben und befeuchtete den Boden mit einer schwärzlichen Flüssigkeit, die allmählich verdunstete und in Rauch überging. Auf einmal zerstreute sich dieser Rauch, und vor den Augen des erstaunten Musensohns erschien eine etwa zweieinhalb Fuß hohe und auf zwei Krücken gestützte Menschengestalt im Mantel. Das kleine hinkende Ungeheuer hatte Bocksfüße, ein längliches Gesicht von schwarzgelber Farbe, ein spitziges Kinn und eine plattgedrückte Nase; seine winzigen Äuglein funkelten wie glühende Kohlen, und über seinem weitgespaltenen Mund mit den hoch aufgeworfenen Lippen starrte hakenförmig ein roter Schnurrbart.
Auf dem Kopf trug dieser reizende Liebesgott eine Art Turban von rotem Krepp, mit einem Busch von Hahnen- und Pfauenfedern aufgestutzt. Um den Hals hatte er einen breiten Kragen von gelber Leinwand, mit mancherlei Zeichnungen von Halsbändern und Ohrengehängen verziert. Seine übrige Kleidung bestand in einem kurzen Rocke von weißem Atlas, in der Mitte mit einer breiten Binde von Pergament gegürtet, die ganz mit Talismanziffern überschrieben war. Auf dem Rock sah man allerhand Gemälde: verschiedene Arten von Busenschmuck zu sehr vorteilhaftem Gebrauch der Damen, Schärpen, bunte Schürzen, neue Kopfputze, immer einer greller als der andere.
Dies alles war übrigens noch nichts gegen seinen Mantel, der ebenfalls weißen
Atlas zum Grund hatte. Es waren darauf eine unendliche Menge Figuren mit solcher
Keckheit des Pinsels und solchem Ausdrucke getuscht, daß man wohl sah, der Teufel
müsse ein Meister in dieser Kunst sein. Auf der einen Seite gewahrte man eine
in ihre Mantille gehüllte spanische Dame, die auf dem
Spaziergang mit einem Fremden liebäugelte; auf der andern eine Französin, die
allerhand neue Gesichter vor dem Spiegel machte, um ihre Zauberkraft an einem
jungen Abbé zu versuchen, der schön geschminkt und mit Schönpflästerchen belegt
vor der Türe ihres Zimmers erschien. Hier italienische Kavaliere, die unter
den Balkonen ihrer Geliebten sangen und Zither spielten; dort saßen Deutsche
mit aufgeknöpfter Weste im verwahrlosesten Zustande, besoffen und von Tabak
beschmutzt, um einen Tisch her, der von den Überbleibseln ihrer Schmauserei
troff. An einem andern Orte sah man einen vornehmen Muselmann
aus dem Bade steigen und von allen Frauen seines Serails umgeben, die ihm um
die Wette ihre Dienste anboten; an einem dritten entdeckte man einen englischen
Gentleman, der seiner Dame galant eine Pfeife und
Bier präsentierte. - Alain René Lesage, Der Hinkende Teufel. Nördlingen
1987 (Greno 10/20, zuerst 1707)
- Paul Valéry, Cahiers, nach
(
enc
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Liebesgott (3)
Cagliostro als Liebesgott
- N.N., nach: Cagliostro. Dokumente zu Aufklärung
und Okkultismus. Hg. Klaus H. Kiefer. München, Leipzig und Weimar 1991 (Bibliothek
des 18.Jahrhunderts)
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