iebesdrama  Man hörte den Mann, der nein gesagt hatte, hinter der Wand  auf und ab gehen und das Klicken des Schlosses eines Koffers, den man öffnet

»Jean!«

»Ich habe gesagt: Nein

»Jean, ich flehe dich an, laß mich dir wenigstens erklären . . .« »Nein!«

Sie kamen von draußen aus dem Dunkel. Der Mann schien unnachgiebig zu sein. Sicherlich nahm er aus dem Schrank seine Sachen, um sie in den Koffer zu packen. Und die Frau klammerte sich gewiß an ihn, denn man hörte ein dumpfes Geräusch und dann ein Stöhnen. Er hatte sie zurückgestoßen, und sie war Gott weiß wohin gefallen.

»Jean, Erbarmen . .. Ich werde es dir erklären. Ich schwöre dir . ..«

»Hure!«

»Ja, ich bin eine Hure. Du hast recht, aber . . .« »Du willst wohl das ganze Hotel wecken ?«

»Das ist mir egal. Selbst wenn hundert Menschen hier wären, würde mich das nicht hindern, mich dir zu Füßen zu werfen, dich um  Verzeihung  zu  bitten,   dich  anzuflehen .. .«

 »Halt's Maul. ..« »Jean! . . .«

»Hält's Maul! Hörst du nicht ?«

»Ich habe es nicht absichtlich getan. Das kannst du mir glauben.« »Nein, ich habe es absichtlich getan .. .« »Ich mußte mal an die Luft.. .« »Du brauchtest einen Mann, weiter nichts.« »Das ist nicht wahr, Jean. Seit drei Tagen habe ich mich nicht aus diesem Zimmer weggerührt, habe ich dich gepflegt wie . . .« »Wie eine Mutter willst du wohl sagen, du elende Dirne!« »Du schliefst. Ich bin für einen Augenblick hinausgegangen.« »Scheiße!«

»Du bleibst hier, nicht wahr? Du läßt mich nicht allein .. . Sonst wäre es mir lieber, du brächtest mich um.« »Ich hätte es am liebsten vorhin getan.« »Nun gut, töte mich.«

»Nicht einmal das bist du wert... Laß mich los ... Scher' dich .... Hast du verstanden . . . ?«

Er stieß sie gewiß noch einmal zurück, und sie fiel wieder hin. Es folgte ein Schweigen, dann hörte man wieder die Stimmen, und der flehende Ton klang schon monoton und fast wie eine Parodie: »J e a a n!«

»Hör mit dem Blöken auf!« »Ich könnte nicht mehr ohne dich leben.«

»Krepiere!«

»Wie kannst du so sprechen? Wie kannst du schon vergessen haben . . . ?«

»Was vergessen haben? Was du für mich getan hast oder was ich für dich getan habe? Wie? Antworte! Oder nein, sei lieber still. .. Wo zum Teufel hast du meine Hemden hingelegt ?« Und wie in der Pause die Schauspieler wieder mit normaler Stimme sprechen, murmelte sie:

»Ich habe drei in die Wäsche gegeben. Die anderen liegen im oberen Fach des Schranks im Badezimmer . . .«  - Georges Simenon, Die Flucht des Herrn Monde. Köln 1970 (zuerst 1952)

 

Drama

 

  Oberbegriffe
zurück 

.. im Thesaurus ...

weiter im Text 
Unterbegriffe

 

Verwandte Begriffe
Synonyme