Leute, geschiedene    Der Doktor geht grüßend durch das Lokal; sieht seine Frau nicht an, hat aber sicher sofort bemerkt, daß ein Mann mit ihr spricht. Er geht am Tresen vorbei in den hinteren Teil des Lokals und steckt eine Münze in den Flipperautomaten. Jetzt bin ich, der ich hier unbemerkt durchkommen sollte, gemustert und registriert worden, fotografisch erfaßt von Augen, denen entgangen zu sein ich mir nicht vormachen kann, Augen, die nichts übersehen, niemanden je vergessen, der in einer Beziehung zum Gegenstand der Eifersucht und des Leidens steht. Diese ein wenig schweren und wäßrigen Augen genügen, um mir klarzumachen, daß zwischen den beiden das Drama noch nicht zu Ende ist: Er kommt weiterhin jeden Abend in dieses Cafe, um sie zu sehen, um sich die alte Wunde wieder aufreißen zu lassen, vielleicht auch um zu erfahren, wer sie diesmal nach Hause bringen wird, und sie kommt ebenfalls jeden Abend her, vielleicht um ihn zu quälen, vielleicht aber auch in der Hoffnung, daß er sich an das Leiden gewöhnt, bis es für ihn zu einer Gewohnheit wie jede andere wird und den Geschmack des Nichts annimmt, der seit Jahren schon ihrem Munde und ihrem Leben anhaftet.

»Am liebsten würde ich«, sage ich, denn nun kann ich ebensogut auch weiterreden, »die Uhren zurücklaufen lassen.«

Die Frau antwortet irgendwas wie: »Man braucht doch bloß die Zeiger zu drehen.«   - Italo Calvino, Wenn ein Reisender in einer Winternacht. München 2007 (Zuerst 1979)

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