Lesung   Von den Zuhörern waren viele weggelaufen, als Eugen aufs Podium hinaufgegangen war; und er hatte gewartet, bis sie draußen waren. Während er saß und vorlas, hatte er immer wieder daran denken müssen, ob er seinen Reißverschluß an der Hose zugezogen hatte. Ein weißhaariger Mann, der in der ersten Reihe saß und imposant aussah, hatte aufmerksam zugehört.  - Hermann Lenz, Herbstlicht. Frankfurt am Main 2000

Lesung (2)  F schleppte mich zu einer Dichterlesung. Er schleppt alle Mädchen zu Dichterlesungen. Schrecklich peinlich. Zwanzig Leute, in wurstiger Stimmung, dem Dichter so fern wie nur möglich, hören an, was er auf dem Podium ihnen vortobt. Ein Dichter müßte sich immer von Trotteln vertreten lassen, damit nicht der Eindruck entsteht, er lege seine ganze Hoffnung in das Verständnis dieses nörpelnden Schulpensionisten vorn oder jener fettarmigen Bildungselefantin in der 2. Reihe (seine Augen funkeln sie, weil sie irgend jemanden anfunkeln müssen, an) oder er lege die Hoffnung meinetwegen in mich Mia mit den aufgemalten Augengläsern, die eher daran denkt, daß F alle Mädchen zu Dichterlesungen schleppt.  - (met)
 
 

Autor Vorleser

 

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