eser-Weibchen An
einer bestimmten Stelle versuchte Morelli seine erzählerische Zusammenhanglosigkeit
zu rechtfertigen, indem er behauptete, das Leben der anderen, so wie es uns
in der sogenannten Realität begegnet, sei nicht Kino,
sondern Fotografie, d. h. daß wir nicht die Aktion
wahrnehmen können, sondern allein nur ihre eleatisch zerschnittenen Fragmente.
Da seien lediglich die Augenblicke, die wir mit diesem anderen zusammen verbringen,
dessen Leben wir zu verstehen glauben, oder wenn man uns von ihm erzählt, oder
wenn er selbst uns erzählt, was ihm geschehen ist, oder er uns berichtet, was
er zu tun vorhat. Am Ende bleibe ein Fotoalbum zurück, fixierte Augenblicke,
und nie das Werden, das sich vor unseren Augen verwirklicht: der Schritt vom
Gestern ins Heute, die erste Nadel des Vergessens in der Erinnerung. Daher sei
es durchaus nicht seltsam, wenn er von seinen Personen in der denkbar sprunghaftesten
Form spreche; der Fotoserie einen Zusammenhang verleihen,
damit sie Kino werde (wie es so sehr nach dem Geschmack des Lesers gewesen wäre,
den er Leser-Weibchen nannte), heiße, den Hiatus zwischen
dem einen und dem andern Foto mit Literatur, Vermutungen,
Hypothesen und Erfindungen auszufüllen. - (
ray
)
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