eichtigkeit    Der Geist des Menschen, der träumt, ist vollauf zufrieden mit dem, was ihm zustößt. Die beängstigende Frage nach der Möglichkeit stellt sich hier nicht mehr. Töte, stiehl schneller, liebe soviel du magst. Und wenn du stirbst, hast du nicht die Gewißheit, zwischen den Toten wieder zu erwachen? Laß dich leiten, die Ereignisse dulden keinen Aufschub. Du hast keinen Namen. Die Leichtigkeit, mit der alles geschieht, ist ohne jedes Maß.  - André Breton, Das erste surrealistische Manifest (1925). In: A.B., Die Manifeste des Surrealismus. Reinbek bei Hamburg 1986 (re 434)

Leichtigkeit (2) Facile (Dichtung & Moral) Mit leicht wird nicht nur bezeichnet, was mühelos zu bewerkstelligen ist, sondern auch, was diesen Anschein erweckt. Der Pinselstrich von Correggio ist leicht. ...

Für eine Frau ist die Bezeichnung leicht eine Beleidigung. Man mag bisweilen den Auftritt eines Mannes in der Gesellschaft derart rühmen, bei einem Staatsmann deutet die Bezeichnung häufig auf eine Schwäche hin. Atticus, der Freund Ciceros. besaß Leichtigkeit in seinem Gebaren, kein Römer ist so sympathisch wie er. Die leichte Cleopatra gab sich Antonius ebenso willig hin wie Cäsar. Claudius wog leicht; er ließ sich von Agrippina bevormunden. Leicht ist in bezug auf Claudius ein Hinweis auf seine Formbarkeit, die treffende Bezeichnung wäre Schwächling. Leicht hat man es mit einem Mann, der sich gerne Vernunft & Tadel beugt & dessen Herz sich durch Bitten erweichen läßt. Schwach nennt man denjenigen, der anderen eine zu große Herrschaft über sich gibt.  - Voltaire, nach (enc)

Leichtigkeit (3)  1748 veröffentlichte der damals fünfunddreißigjährige Diderot in Holland ›Les bijoux indiscrets‹, das zum Verkauf unterm Ladentisch bestimmt war. Er hatte es geschrieben - erklärt seine Tochter zu seiner Rechtfertigung -, weil Madame de Puisieux, seine Geliebte, Geld brauchte. »Als er sich einmal mit ihr darüber unterhielt, wie leicht es sei, unanständige Bücher zu schreiben, sagte mein Vater, man brauche dazu nicht mehr als einen hübschen Einfall, den man dann im Geiste des Libertinismus und ohne Rücksicht auf die Grenzen des guten Geschmacks weiter ausschmückt. Sie forderte ihn auf, eines zu verfassen. Und zwei Wochen später überreichte ihr mein Vater ›Les bijoux indiscrets‹ und fünfzig Louisdor.«   - (scia)

Leichtigkeit (4)  

Leichtigkeit (5)   Die Zuschauer drängten herbei, sie konnten nicht still bleiben, tanzten von dem einen Fuß auf den anderen, schnitten Grimassen, glücklich, oh wie sehr, daß sie dies interessante Schauspiel nicht verpaßt hatten. Ratschläge schwirrten durch die Luft; einer rief nach Spinnweben, der andere erbot sich, sein Wasser über die Wunde zu lassen. Drei, dann vier Kerzen beleuchteten das Schauspiel.

Ackermann zog den Rock ab, der Schnitt war nicht tief, eine einzige Vene war getroffen, die ihr Blut in einem kleinen Springbrunnen in die Luft spritzte. Und Ackermann fühlte, wie das Glücksgefühl, das ihn vorher nur bescheiden erfüllt hatte, nach und nach wuchs, bis es schier unerträglich wurde. Eine Leichtigkeit durchdrang seinen Körper, wie er sie nur in den Flugträumen seiner Kindheit erlebt hatte. Und auch diese Kindheitsträume waren deutlich wieder da, verwandelten die ganze Begebenheit und tauchten sie in ein sonderbar glühendes Märchenlicht, dessen Schönheit so überwältigend wurde, daß er lächelnd die Augen schloß.  - (gou)

Leichtigkeit (6)  

Dir aber, Götterkind Menelaos, beschieden die Götter,
Nicht in Argos, wo Rosse gedeihen, zu sterben, dein Schicksal
Dort zu erfüllen. Es schicken dich einst die unsterblichen Götter
Weit, bis ans Ende der Welt, in Elysions ebne Gefilde.
Dort ist der Blonde daheim, Rhadamanthys; dort wandeln die Menschen
Leicht durch das Leben. Nicht Regen, nicht Schnee, nicht Winter von Dauer
Zephyros läßt allzeit seine hellen Winde dort wehen,
Die ihm Okeanos schickt zur Erfrischung der Menschen.

- Homer, Odyssee, nach: Hans-Jürg Braun, Das Jenseits. Die Vorstellungen der Menschheit über das Leben nach dem Tod. Frankfurt am Main 2000 (it 2516, zuerst 1996)

Leichtigkeit (7)  Größte Seltenheit.  Heute, 21.8. — erwache ich um 4 Uhr — der Fast-Vollmond geht unter — Er ist eigenartig grün. Wohl eine Kontrastwirkung. Ich trinke Kaffee und fühle mich regsam und behende im Kopf — wie im Fluge rührt der Geist an tausend Dinge von ganz persönlichem, allgemeinem und universellem Interesse, durchblättert sie wie ein Album, in dem jede Seite vielleicht das Bild einer Wirklichkeit oder die Verbildlichung einer abstrakten Wahrheit ist, oder die Skizze einer Erfindung, eines Bauwerks oder einer Schönheit, und die Blätter unter den Fingern, unter den Augen dahinfliegen. Seit Jahren habe ich diese göttliche Leichtigkeit nicht erlebt, für die es auch heute keinen besonderen Grund gibt, und deshalb ist sie um so — göttlicher!  - (pval2)

Beweglichkeit Heiterkeit

 

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Verwandte Begriffe

 Schwere

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