eichengestank
Er setzte sich mitten auf dem Markt nieder und nannte sich Tlacauepan oder Cuexcoch.
Dort ließ er ein Figürchen, einem kleinen Kinde gleichend - man sagt, es sei
Uitzilopochtli gewesen -, auf seiner Hand tanzen. Als die Tolteken
das sahen, drängten sie sich herzu, um es näher zu betrachten; viele wurden
dabei zu Boden getreten und totgedrückt. Das ereignete sich zu wiederholten
Malen. Und während sie zusahen, wie der Dämon die Figur tanzen ließ, erklang
eine Stimme, die von demselben Dämon herführte: »Ihr Tolteken, was ist das für
eine unheilverkündende Erscheinung? Bedeutet es nicht Unglück für uns, wenn
er die Figur tanzen läßt? Auf, laßt uns ihn totschlagen,
laßt uns ihn steinigen!« Da steinigten sie ihn, er sank hin unter ihren Würfen.
Und nun begann der Leichnam zu stinken; ganz furchtbar und Staubend war der
Gestank, und wo der Wind ihn hintrug, starb das Volk daran. Wieder sprach der
Dämon zu den Tolteken: ».Der Leichnam muß fortgeschleift und die Felsen hinabgestürzt
werden, denn der Gestank bringt alle um.« Die Tolteken
banden Stricke an den Leichnam, um ihn fortzuschleifen. Als sie es aber versuchten,
konnten sie ihn nicht von der Stelle bewegen, so schwer war der, von dem sie
vorher sehr geringschätzig gedacht hatten. Da ließ man eine Botschaft ergehen
und den Herold verkünden: »Alles Volk komme herbei! Bringt eure Seile mit, der
Tote soll hinausgebracht werden.« Nachdem die Tolteken sich versammelt hatten,
befestigten sie wieder Seile an dem Leichnam; großer Lärm erhob sich, und sie
riefen einander zu: »Auf, Tolteken! Zieht die Seile stramm!« Aber sie konnten
ihn in keiner Weise von der Stelle bewegen. Sobald aber ein Seil riß, starben
alle, die es gefaßt hielten; sie stürzten einer über den anderen und erlitten
so den Tod. Und da sie den Leichnam nun und nimmer von der Stelle bewegen konnten,
sprach der Dämon zu ihnen: »Tolteken! Er verlangt seinen Gesang!« Darauf ließ
er die Tolteken einen Gesang anstimmen und begann selbst damit folgendermaßen:
»Schleift jetzt unseren Balken fort, den Dämon Tlacauepan.« Und erst, als sie
diesen Gesang angestimmt hatten, konnten sie sich mit dem Leichnam fortbewegen,
ihn schnell und unter Geschrei vorwärtsbringen. Sobald aber ein Seil riß, stürzte
der Balken, schnellte sofort über alle dahin, und viele, die dabei niedergetreten
und erdrückt wurden, waren des Todes. Nachdem die Übriggebliebenen den toten
Tlacauepan fortgeschafft hatten, kehrten sie zurück. Aber aus allem, was ihnen
zugestoßen war, machten sie sich nichts; es kam ihnen nichts mehr unheimlich
vor, denn sie waren wie Trunkene. - (
azt
)
Leichengestank
(2) Kalma ist die Göttin des Todes und der Verwesung
in der finnischen Mythologie. Ihr Name bedeutet Leichengestank. Allein durch
ihren Geruch sollen Menschen tot umfallen. -
Wikipedia
Leichengestank
(3) Fast alle Kirchen sind voller Leichengestank; er vertreibt
die Leute und hält so manchen fern vom Gottesdienst. Das Ärgernis hat sich weder
durch Eingaben der Bürgerschaft und sonstige Reklamationen noch durch Parlamentsdekrete
abstellen lassen; Verwesungsdunst vergiftet weiterhin die Frommen. Es sei denn,
man nähme, wie manche behaupten, die modrige Kelleratmosphäre, die sich im Inneren
solch gewaltiger Gemäuer ohnehin entwickelt, für Totengeruch. Mag sein, daß
dem so ist; mir wurde jedenfalls versichert, daß man die Leichen nur bis zur
Totenfeier in den Kirchengewölben lasse; in der darauffolgenden Nacht überführe
man sie auf die Friedhöfe, ausgenommen jene, denen die seltene Auszeichnung
zukomme, an Ort und Stelle eingemauert zu werden. - Louis Sébastien Mercier, Mein Bild von Paris.
Frankfurt am Main 1979 (zuerst 1788, it 374)
Leichengestank
(4) Aus einem Rasenplatz wurden Leichen ausgehoben
zwecks Umbettung auf einen Friedhof. Eine Leiche lag bereits auf dem Schutt.
Ein lehmiges, längliches Bündel in Segeltuch. Der ausgrabende Mann, ein älterer
Zivilist, wischte sich den Schweiß mit seinen Hemdärmeln und fächelte sich mit
seiner Kappe Luft zu. Zum ersten Mal verspürte ich, wie Menschenaas riecht.
In allen möglichen Schilderungen hab ich den Ausdruck »süßlicher Leichengeruch«
gefunden. Ich finde das Beiwort »süßlich« ungenau und keineswegs ausreichend.
Mir kommt dieser Dunst gar nicht wie ein Geruch vor; eher wie etwas Festes,
Dickliches, wie ein Luftbrei, ein Brodem, der sich vor dem Gesicht und den Nüstern
staut; der zu stockig und dicht ist, um eingeatmet zu werden. Es verschlägt
einem die Luft. Es stößt einen zurück wie mit Fäusten. - Anonyma, Eine Frau in Berlin. Tagebuch-Aufzeichnungen
vom 20. April bis 22. Juni 1945. Berlin 2005 (zuerst 1954)
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