eiche  Das Verzehren von Leichenfleisch verheißt Sorglosigkeit. - (byz)

Leiche (2) Der Geschlechtsverkehr mit einem Toten hat günstige Folgen. - (byz)

Leiche (3) Als Allan McRoy die geköpfte Leiche entgegenfiel und ihn von Kopf bis Fuß mit ihrem erkaltenden Blut übergoß, war natürlich sein erster Gedanke, die Polizei anzurufen. Er gehörte nicht zu jenen Detektiven, die alles am liebsten in eigener Regie erledigen und den Freunden und Helfern bei jeder Gelegenheit eins auswischen. Aber die Polizei war unansprechbar, denn an diesem Mittwoch fand 1) eine Gurkenpreisdemonstration, 2) ein Popkonzert mit den langhaarigen Feinden der Menschheit statt, und 3) war ein Sondereinsatz gegen die Parksünder an der linken Hälfte der Jedlersdorfer Straße anberaumt. -  Aus: Andreas Okopenko, McROY MEDITIERT MIT MUTIGEN MIEZEN, in: Detective Magazine der 13, Hg. H.C. Artmann Esq., Residenz Verlag Salzburg 1971

Leiche (4)  Es war eine weibliche weiße Person. Sie hatte helle Haut und rote Haare. Sie war ungefähr 40 Jahre alt. Sie lag flach auf dem Rücken — auf einer efeubewachsenen Stelle ein paar Zentimeter vom Bordstein der King‘s Row entfernt.Ihr rechter Arm war nach oben gebogen. Ihre rechte Hand ruhte ein paar Zentimeter über ihrem Kopf. Ihr linker Arm war im Ellenbogen gebeugt und lag über ihrer Taille. Ihre linke Hand war zur Faust geballt. Ihre Beine waren ausgestreckt.Sie trug ein rundausgeschnittenes, ärmelloses Kleid in Hell- und Dunkelblau. Ein dunkelblauer Mantel mit dazu passendem Futter war über ihren Unterleib drapiert.
Man konnte ihre Füße und Knöchel sehen. Ihr rechter Fuß war nackt. Ein Nylonstrumpf war bis zu ihrem linken Knöchel hinabgerutscht.Ihr Kleid war verrutscht. Ihre Arme waren von Insektenstichen übersät. Sie hatte blaue Flecken im Gesicht, und ihre Zunge quoll hervor. Ihr Büstenhalter war offen und über ihre Brüste hochgerutscht. Ein Nylonstrumpf und eine Baumwollschnur lagen um ihren Hals. Beide Schlingen waren fest verknotet. - James Ellroy. Die Rothaarige. Berlin 1999 (Ullstein TB 24583, zuerst 1996)

Leiche (5) Rauchblaue Augen starrten mich glanzlos aus halbgeöffneten Lidern an, das Gesicht war schlaff und von bleichen, offenen Schnitten entstellt, die meisten davon befanden sich auf der linken Seite. Ihr Hals klaffte bis zur Wirbelsäule auf, alle Muskeln unterhalb des Zungenbeins waren durchtrennt worden. Neun eng beieinanderliegende Stichwunden auf dem linken Thorax und Busen standen offen wie große, rote Knopflöcher und lagen fast genau untereinander. Sie waren ihr in rascher Folge mit so brutaler Kraft beigefügt worden, daß auf ihrer Haut noch die Abdrücke des Griffes zu sehen waren. Die Schnitte an ihren Unterarmen und Händen maßen zwischen acht Millimetern und elf Zentimetern in der Länge. Zusammen mit den zwei Wunden an ihrem Rücken, aber ohne die Stichwunden und ihre durchschnittene Kehle, waren ihr 27 Schnittverletzungen zugefügt worden, während sie versucht hatte, die Angriffe einer langen scharfen Klinge abzuwehren.

Ich brauchte keine Fotografien oder Körperdiagramme. Wenn ich meine Augen schloß, konnte ich Beryl Madisons Gesicht, konnte die ihrem Körper zugefügte Gewalt in allen abscheulichen Einzelheiten sehen. Ihre linke Lunge wies vier Einstiche auf. Ihre Halsschlagadern waren beinahe vollständig durchschnitten, Aortabogen, Lungenarterie, Herz und Herzbeutel verletzt worden. Sie war praktisch schon tot gewesen, als der Verrückte sie auch noch fast enthauptet hatte. - Patricia Cornwell, Ein Mord für Kay Scarpetta. München 1992 (zuerst 1990)

Leiche (6) Der Reisende war sehr beunruhigt; die Maschine ging offenbar in Trümmer; ihr ruhiger Gang war eine Täuschung; er hatte das Gefühl, als müsse er sich jetzt des Offiziers annehmen, da dieser nicht mehr für sich selbst sorgen konnte. Aber während der Fall der Zahnräder seine ganze Aufmerksamkeit beanspruchte, hatte er versäumt, die übrige Maschine zu beaufsichtigen; als er jedoch jetzt, nachdem das letzte Zahnrad den Zeichner verlassen hatte, sich über die Egge beugte, hatte er eine neue, noch ärgere Überraschung. Die Egge schrieb nicht, sie stach nur, und das Bett wälzte den Körper nicht, sondern hob ihn nur zitternd in die Nadeln hinein. Der Reisende wollte eingreifen, möglicherweise das Ganze zum Stehen bringen, das war ja keine Folter, wie sie der Offizier erreichen wollte, das war unmittelbarer Mord. Er streckte die Hände aus. Da hob sich aber schon die Egge mit dem aufgespießten Körper zur Seite; wie sie es sonst erst in der zwölften Stunde tat. Das Blut floß in hundert Strömen, (nicht mit Wasser vermischt, auch die Wasserröhrchen hatten diesmal versagt.) Und nun versagte noch das letzte, der Körper löste sich von den langen Nadeln nicht, strömte sein Blut aus, hing aber über der Grube ohne zu fallen. Die Egge wollte schon in ihre alte Lage zurückkehren, aber als merke sie selbst, daß sie von ihrer Last noch nicht befreit sei, blieb sie doch über der Grube. »Helft doch!« schrie der Reisende zum Soldaten und zum Verurteilten hinüber und faßte selbst die Füße des Offiziers. Er wollte sich hier gegen die Füße drücken, die zwei sollten auf der anderen Seite den Kopf des Offiziers fassen, und so sollte er langsam von den Nadeln gehoben werden. Aber nun konnten sich die zwei nicht entschließen zu kommen; der Verurteilte drehte sich geradezu um; der Reisende mußte zu ihnen hinübergehen und sie mit Gewalt zu dem Kopf des Offiziers drängen. Hiebei sah er fast gegen Willen das Gesicht der Leiche. Es war, wie es im Leben gewesen war; (kein Zeichen der versprochenen Erlösung war zu entdecken;). Was alle anderen in der Maschine gefunden hatten, der Offizier fand es nicht; die Lippen waren fest zusammengedrückt, die die Augen waren offen, hatten den Ausdruck des Lebens, der Blick war ruhig und überzeugt, durch die Stirn ging die Spitze des großen eisernen Stachels.  - Franz Kafka, In der Strafkolonie, (kaf)

Leiche (7) Der Feldwebel setzt sich in Bewegung auf einen äußersten Zipfel des Pensionatsbaues zu, er zieht ein Schlüsselbund aus der Tasche und hält es wichtig in der beringten Faust. Er führt aus: »Sie müssen nämlich wissen, man läßt Leichen höchst ungern im Drahtverhau liegen — obendrein bei dem warmen Wetter. Was eine einzige Leiche den Graben verpesten kann, das glauben Sie gar nicht. Es ist unhygienisch. Wenn der Wind zum Gegner hinüberweht, ist's ja gut, dann hat der den Gestank in der Nase. Aber damit kann man nicht rechnen — zudem haben wir fast immer Wind von drüben. Das ist im ganzen recht, denn wir hören so den Feind, und er hört uns weniger.«

Sie sind vor einem Tor angelangt, das in eine Art Remise rührt. Fähnlein sperrt auf.

Hier sind leere Hüllen, die Sandsäcke werden sollen, gestapelt, hier ist Stacheldraht in Rollen aufgeschichtet, hier stehen spanische Reiter geordnet bereit, und zwischen dem allem, auf der freien Mitte des Steinbodens, liegt der Tote.

»Ein Oberleutnant«, belehrt Fähnlein. Er gibt vor, das aus irgendwelchen Abzeichen zu erkennen. »Wir haben ihn auch deshalb herbeigeschafft, weil der Regimentsstab darauf aus war, ihn genau auf Papiere zu durchsuchen. Manchmal tragen sie was bei sich, Dienstanweisungen oder gar Korpsbefehle, die für uns aufschlußreich sein können. Aber die Kerle sind schlau geworden: sie lassen neuerdings alles daheim, ehe sie anfangen, Indianer zu spielen. Ich selber hab ihn untersucht und um und um gewendet: nix war zu finden.«

Funk wundert sich im stillen, wie sorgsam des Engländers Uniform sitzt; Fähnlein muß den letzten Knopf und Haken und jede Schnalle wieder geschlossen haben. Die Ordnungsliebe hat nirgends haltgemacht.

Der Getötete hat einen Gewehrschuß durch den Kopf. Die Kugel ist zur einen Schläfe hinein-, zur anderen herausgegangen. Der Einschuß ist glatt, aber der Ausschuß hat ein halbfaustgroßes Stück Schädel mitgenommen. Es ist, als sei gewaltsam das halbe Gehirn ins Freie durchgebrochen. Die Stirn ist graublau, die Augendeckel sind grün, und wächsern wird das Gesicht erst um das Kinn herum. - Alexander Moritz Frey, Pflasterkästen. Ein Feldsanitätsroman. Leipzig und Weimar 1984 (zuerst 1929)

Leiche (8)  Meine erste Leiche war Großpapas sprechender Papagei oder Papageiin. Sie hieß Laura, und ich kannte sie von frühester Kindheit. Laura war also kein gewöhnlicher Vogel, sondern fester Bestandteil der Großfamilie. Sie wurde in meinem Beisein von einem überzüchteten, überkandidelten Drahthaarterrier erwischt und zerfleischt. Die Erwachsenen schrien und gestikulierten, befahlen dem Hund umsonst, den Papagei fallen zu lassen. Der Hund dachte nicht daran zu gehorchen, sondern kroch unter das Sofa und ließ den quietschenden Vogel nicht los, bis nur noch blutige Fetzen übrig waren. Ich stand in der Tür und brüllte drauflos. - Ruth Klüger, weiter leben, in (schen)

Leiche (9)  »Er muß verwundet sein«, sagte Sir Henry besorgt. Gerade als er diese Bemerkung machte, passierte etwas Unerwartetes. Die Leiche des Kukuana-Soldaten, oder besser, was wir für eine Leiche gehalten hatten, sprang plötzlich auf, schlug Good kopfüber vom Hügel herunter und begann auf ihn einzustechen. Wir stürzten voll Entsetzen vorwärts, und wie wir näher kamen, sahen wir, wie der muskulöse Krieger Stoß auf Stoß gegen den hingestreckten Good führte, dessen Glieder bei jedem Stich hochschnellten. Als der Kukuana uns bemerkte, führte er mit einem Schrei »Nimm das, Hexenmeister« einen letzten und ungemein bösartigen Stoß aus und stob davon. Good rührte sich nicht mehr, und wir schlossen daraus, daß es um unseren armen Kameraden geschehen war. Traurig näherten wir uns ihm und staunten nicht schlecht, als wir ihn zwar blaß und matt, aber mit einem heiteren Lächeln auf seinen Lippen fanden, das Monokel noch fest ins Auge geklemmt.

»Ein kapitaler Panzer das«, murmelte er, als er unsere Gesichter über sich sah. »Der Kerl hat sich schwer getäuscht«, und dann fiel er in Ohnmacht. - Henry Rider Haggard, König Salomons Schatzkammer. Zürich 1982  (zuerst 1885)

Leiche (10) Was half es, daß sie die nächsten mit Sand und Kalk bestreuten oder eine Zeltbahn über sie warfen, um dem steten Anblick der schwarzen, gedunsenen Gesichter zu entgehen. Es waren zu viele; überall stieß der Spaten auf irgend etwas Verschüttetes. Alle Geheimnisse des Grabes lagen offen in einer Scheußlichkeit, vor der die tollsten Träume verblichen. Haare fielen in Büschen von Schädeln wie fahles Laub von herbstlichen Bäumen. Manche zergingen in grünliches Fischfleisch, das nachts durch zerrissene Uniformen glänzte. Trat man auf sie, so hinterließ der Fuß phosphorische Spuren. Andere wurden zu kalkigen, langsam zerblätternden Mumien gedörrt. Anderen floß das Fleisch als rotbraune Gelantine von den Knochen. In schwülen Nächten erwachten geschwollene Kadaver zu gespenstischem Leben, wenn gespannte Gase zischend und sprudelnd den Wunden entwichen. Am furchtbarsten jedoch war das brodelnde Gewühl, das denen entströmte, die nur noch aus unzähligen Würmern bestanden. - Ernst Jünger, Der Kampf als inneres Erlebnis (1926)

Leiche (11) Der tode / blasse / kalte / erstarrte / vom Tod gestreckte / erstorbne / betraurte / Erdenartige / schwere / unempfindliche / baldverwesliche / Erden und Sandfärbige / verschiedne / abgeleibte / entgeisterte Leichnam. Der Würmer fette Kost / ein Grabmahl für die Erden würmer / die bald durchlochen haut und Dürmer (oder die Gedärmer)  was genommen von der Erden; muß zu Erden wieder werden. Was hülfft der große Titel / zum weißen Leichen Küttel / wann die verdammte Seel leid Qual in jener Höll. - (hrs)

Leiche (12)  Langsam wandte er den Kopf, um die Verstorbene zu betrachten und... Ein Schauer lief ihm durch alle Glieder. Vor ihm lag das schönste Mädchen, das es jemals auf Erden gegeben hatte. Es schien, als wären noch niemals Gesichtszüge von so strenger und gleichzeitig harmonischer Schönheit geschaffen worden.   Sie lag wie lebendig da. Die Stirn, schön und zart wie Schnee, wie Silber, schien in Gedanken versunken zu sein; die Brauen - eine Nacht inmitten eines strahlenden Sonnentags  - waren fein und gleichmäßig und wölbten sich stolz über den geschlossenen Augen; die Wimpern fielen wie Pfeile auf die Wangen, die im Feuer geheimer Wünsche glühten; der Mund zwei Rubine, bereit zu lächeln . . . Doch in den gleichen Zügen sah er auch etwas Schreckliches und Lauerndes. Er spürte, wie seine Seele schmerzlich zu stöhnen begann, als ob jemand im Trubel einer lärmenden Fröhlichkeit und inmitten einer ausgelassenen Menge plötzlich ein Lied über das geknechtete Volk anstimmte. Die Rubine ihres Mundes schienen vor lauter Blut überzulaufen. - Nikolaj Gogol, Der Wij. In: N.G., Sämtliche Erzählungen. Stuttgart u. Hamburg 1961

Leiche (13)  Chee kam alles merkwürdig vor, was mit den Beerdigungsbräuchen des weißen Mannes zusammenhing. Die Navajos kannten dieses sentimentale Gehabe um Leichname nicht. Der Tod nahm dem Körper seinen Wert. Selbst seine Identität ging mit dem Aushauchen des chindi verloren. Was vom Geist zurückblieb, mußte so gründlich wie möglich ausgemerzt werden, damit die Lebenden nicht Gefahr liefen, sich mit dem Übel des Bösen zu infizieren. Nie sprach jemand die Namen der Toten aus, und in Stein wurden sie ganz bestimmt nicht gemeißelt. - Tony Hillerman, Tod der Maulwürfe. Reinbek bei Hamburg 1997

Leiche (14)  Als die Frau des Drogisten mit gelbem Gesicht in den Blumen im Leichenschauhaus lag, roch es nach dem Komposthaufen des Großvaters. Die Waisenhauszöglinge waren an der toten Frau vorübergepilgert, denn sie und ihr Mann hatten dem Waisenhaus große Wohltaten erwiesen. Die Mutter bezahlte bei dem Drogisten die Abgaben für den Waisenhaus auf enthalt.

Die Mutter mochte den Drogisten nicht leiden, weil er gesagt hatte, daß während des Krieges die Mütter die Popos der Babys nicht mit Verbandswatte sauberwischen dürfen.

Als der vierjährige Sohn des Nachbars in Steingriff starb, hatte Detlev die Leiche nicht gesehen. Als Detlev morgens in die Schule ging, sah er durch das Gitter der Friedhofstür die schwarzen Leidtragenden und den weißen Kindersarg, der ihm nicht größer vorkam als der Karton für die Schaftstiefel der Mutter.

Als der Fleischergeselle Selbstmord verübt hatte, war das Leichenschauhaus mit schwarzen Vorhängen zugehängt.

Über jeder Hand hat er eine große Blase mit Wasser und Blut. Sein Gesicht ist blau. Die Zunge hängt ihm heraus.

Der aufgebahrte Gauleiter roch nicht nach dem Komposthaufen des Großvaters. Er roch nach dem Brot im Waisenhaus.  - Hubert Fichte, Das Waisenhaus.  Berlin 1985 (zuerst 1965)

Tote Sterben
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Unterbegriffe
Wasserleiche{?}
VB
Synonyme
Leichnam