Leibniz   Hinter der zuen Tür wohnt Leibniz, habe ich mir sagen lassen. Bisweilen erhebt er seine Stimme, aber er ist sein eigener Partner. Er verkehrt nur schriftlich mit der Welt, oft höre ich nachts seine Schreibmaschine, und ich klopfe an die Wand, um ihn an der Erfindung der Differentialrechnung zu hindern. Umsonst. Er scheint mich für einen Nomaden zu halten, von denen er behauptet, sie hätten keine Fenster. Aber ich habe Fenster, habe auch eine Wand und eine Tür. Seiner Definition nach kann ich nicht zu den Nomaden gehören, aber ich weiß es besser. Sein Satz reizt mich zum Widerspruch, zugleich denke ich ihn weiter. Meine erste Fortsetzung ist: Aber die Brillen sind die Augen der Seele. So leben wir in beständiger fruchtbarer Nichtverbindung. Ich denke Dinge, auf die er selber nie gekommen wäre. Auch den Optimismus habe ich ihm durch die zue Tür mit Klopfzeichen eingeblasen. Er hat ihn dann später in anderen Wohnungen ausführlich benutzt, mir lag die Sache schon vorher. In einer schlaflosen, von seiner Schreibmaschine verstörten Nacht, habe ich das Wort vom effulgurativen Uhrmacher erfunden, das er dann später in seine Teile zerlegt hat. Er war ein guter Benutzer meiner Einfälle.  - (eich)
 
 

Philosoph

 

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