Leda (2, Die Wahrheit über) Leda,
die bildhübsche makedonische Prinzessin, eilte leichtfüßig über den Rasen des
Schloßparkes von Ethomorethos hinunter zum Tempelbezirk, trippelte dort bachstelzengleich
herum, hüpfte, wie sie's den Springböcklein abgeschaut, auf und ab, um dann
schmetterlängs von einer zur anderen Hibiskusblüte zu flattern. Dazu trällerte
sie ein homerisches Lied, was so lieblich klang, daß Orpheus, der begabte Wühlmäuserich,
seine Harfe zückte und Leda von der Unterwelt aus zu begleiten begann. Als sie
übermütig mit den Hüften chantete, verließ ein pyknischer Pavian seinen Delikatesstermitenhügel
und schlich unbemerkt zur Pinie, von deren Wipfel aus er dem jungen Weibe zuzuschauen
gedachte. Nun wäre dem keine weitere Beachtung zu schenken, ist Neugierde schließlich
das arttypische Laster dieser Affenart (wir alle kennen die schaulustigen Pavianhorden,
welche bei Stubenbränden der Feuerwehr im Wege stehen oder sensationsgierig
die Schauplätze harmloser Autokarambolagen bevölkern, um, frech Fachkenntnis
vortäuschend, jede Schramme zu inspizieren), wenn es sich bei besagtem Affen
nicht um Zeus gehandelt haben würde, der spaßeshalber in eine Pavianhaut geschlüpft
war. Und diesen Pavian fesselte der Anblick Ledas nicht nur aus ästhetischen
Gründen. - Ernst Kahl, Das letzte Bestiarium Perversum. Zürich
2005
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