An Lautréamont Wo immer: ich begann zu graben, hoffend, du stiegest auf, Um mich herum verhungerten Kühe an den Abstürzen, Ich traf dich eines Tages auf der Höhe von Fernande Noronha, Am Tag meines Todes sehe ich dich auf mich zukommen aber kaum bist du in richtiger Entfernung, |
- Jules Supervielle, nach
(mus)
Lautréamont (2) Man muß die Farben finden,
die Lewis im Mönch verwandte, um die Erscheinung des infernalischen
Geistes zu beschreiben, diese Gestalt eines wunderschönen nackten Jünglings
mit karmesinroten Flügeln, von einem antiken Hauch von Rosen umgeben, die Glieder
in diamantene Reifen gefaxt, den Stern auf der Stirn und eine ebenso wilde wie
scheue Melancholie im Blick; wie auch jene Farben, mit deren Hilfe es Swinburne
gelang, uns die wahre Gestalt des Marquis de
Sade vor Augen zu führen: »Mitten in der heroischen Kaiserzeit sieht
man dieses vom Blitz getroffene Haupt lodern, diese breite, blitzdurchflammte
Brust, den Phallus-Menschen mit dem majestätischen und zynischen Profil und
dem Antlitz eines furchterregenden und göttlichen Titanen; man spürt gleichsam
den Schauer des Unendlichen, der sich dieser fluchbeladenen Seiten bemächtigt,
und auf seinen verbrannten Lippen das Beben des Hauchs eines gewittrigen Ideals.
Kommt näher, und ihr hört in diesem schlammigen, blutigen Aas die Schlagadern
der Weltseele pochen, seht die von göttlichem Blut geschwollenen Arterien. Diese
Kloake ist ganz aus Azur...« Man muß, wie gesagt, zuerst diese Farben wiederfinden,
um die von schwarzem Licht blendende Gestalt des Comte de Lautreamont in jenen
außer-literarischen Bereich - und damit ist noch viel zu wenig gesagt - zu stellen,
in den sie gekört. In den Augen mancher Dichter von heute haben die Chants
de MaMoror und die i einen unvergleichlichen Glanz. Sie sind Ausdruck
einer rückhaltlosen Enthüllung, die menschliche Kraft zu übersteigen scheint.
Alles, was das heutige Leben ausmacht, sieht sich jäh verklärt. Sein Dekor liebäugelt
mit den Versatzstücken königlicher Zeiten, die das saphirblaue Parkett sehen
lassen; auf der Seine zieht die geflügelte und lächelnde Lampe mit dem Silberschnabel
dahin; die grünen Membranen des Raums und die Läden in der Rue Vivienne sind
den kristallinen Strahlen der Erdmitte ausgesetzt. Ein völlig ungetrübtes Auge
lauert auf die wissenschaftliche Vervollkommnung der Welt, sieht über den bewußt
utilitaristischen Charakter dieser Vervollkommnung hinweg und zeigt sie mit
allem übrigen im Licht der Apokalypse. -
André Breton, nach
(hum)