audator temporis acti   Er verstieg sich zu der Behauptung, dass die Französische Revolution für den Niedergang der Mordkunst verantwortlich sei. »Es wird nicht lange dauern«, pflegte er zu sagen, »und die Menschen werden nicht einmal mehr Hühner schlachten können. Selbst die Anfangsgründe der Kunst gehen ihnen allmählich verloren.« Im Jahre 1811 zog er sich gänzlich von der menschlichen Gesellschaft zurück. An keinem öffentlichen Versammlungsort ward »Unke« mehr gesehen. Weder auf der Wiese noch im Walde war er zu finden. Nur am Ufer des Kanals streckte er um die Mittagszeit seine trägen Glieder und starrte auf die trüben Fluten, die sich vorüberwälzten. »Selbst die Hunde sind nicht mehr, was sie waren - noch was sie sein sollten«, spann dieser Sittenprediger seine tiefsinnigen Betrachtungen. »Zu Lebzeiten meines Großvaters verstanden sie noch, zu töten. Ich erinnere mich einer Bulldogge, die ihrem Nebenbuhler im Hinterhalt auflauerte, jawohl, mein Herr, und ihn schließlich wirklich sehr geschmackvoll umbrachte. Auch zählte ich einen Kater zu meiner engeren Bekanntschaft, der Ähnliches geleistet hatte. Doch heutzutage - « - (quinc)

Laudator temporis acti (2)  »Ich bin wieder an allem schuld! Diese Stadt ist nicht mehr das, was sie mal war. Früher war eine Nutte eine Nutte und ein Gauner ein Gauner. Heute gibt's Nutten an allen Ecken, und jeder ist ein Gauner. Eines Tages erzählt mir noch einer, du hättest ein Schinkengeschäft in die Luft gejagt, und ich glaub's! Das Böse kennt keine Gesetze mehr, keine Ordnung, keine Organisation. Früher unterhielt man sich mit ein paar Typen, dann wußte man Bescheid. Heute geht das nicht mal, wenn man mit hundert spricht. Erinnerst du dich an meinen Freund, den hübschen Zuhälter, den Goldenen Hammer? Neulich haben sie ihn zu Tode geprügelt. Wer? Die Konkurrenz? Die aus Marseiile ? Nee. Ein paar aus Guinea haben sich zusammengetan, und die wollen Krieg. Das hätte es früher nicht gegeben. Da hatte man noch mehr Respekt. Wir sind ein schlimmes Volk. Alle verrückt. Wir brauchen eine harte Hand. Männer wie Munoz Grandes müßten her, mein General bei der Blauen Division. Das war einer, der sich Respekt zu verschaffen wußte. Und anständig! Paquito hat seiner Witwe ein gutes Polster hinterlassen, aber Munoz Grandes verließ diese Welt so, wie er sie betreten hatte. Wieso interessierst du dich für Messerstecher

»Weil sie einen mit ihren Messern erstochen haben. Den Mann einer Klientin.«

»Also, da seh ich Probleme auf dich zukommen. Ein Mord mit dem Messer ist viel schwerer aufzuklären als einer mit der Pistole. Wer hat schon kein Messer!«

Es ist ein kalter Tod. Du siehst die Augen des Todes. Sie kommen her zu dir, bleiben stehen, und schon hast du den Tod in dir drin, der sich eiskalt in dein Fleisch bohrt. Carvalho berührte das Springmesser, das er stets in der Tasche trug, ein Tier, das zeitlebens den Tod zwischen den Zähnen hält, bis es ihn plötzlich mit seiner ganzen aufgestauten Wut losläßt.   - Manuel Vázquez Montalbán, Die Meere des Südens. München 2003

 

Lob Zeit, gute alte

 

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