atrinenpoesie  Abortinschriften skatologischen oder erotischen Inhalts existieren schon so lange, als es Abtritte gibt. Die psychologische Erklärung für diese Art Latrinen-Poesie ist nach Lüdecke in der Langweile während der Abtrittsbenützung und im Nachahmungstrieb, nach Schnabel als Ausfluß des auch erotischen Lustgefühles, den eine Entleerung mit sich bringe, zu suchen. Nach Schidrowitz in der durch die Versperrung des Abtrittes geschaffenen Sicherheit vor Beobachtung, die es dem Wändebekritzler ungeniert ermöglicht, seine Freude an der Obszönität, die vielfach einem Wortexhibitionismus entspringt, zu betätigen.

A., die schon Martial in einem Epigramm (carmina, quae legunt cacantes, Epigr. XII, 61, 10) glossiert, fanden sich schon im alten Rom und der Inhalt dieser Verse ist mit den heute noch als Wandkritzelei üblichen Humor- und Geistesprodukten in einer für die Unwandelbarkeit des obszönen Gedankens charakteristischen Weise wörtlich identisch. Daß A. selbst im Palast des Papstes angebracht wurden, beweist die Inschrift, die im Abtritt des Lateran sofort nach dessen Fertigstellung durch Papst Pius V. prangte:

Papa Pius quintus, ventres miseratos onusto  
Hocce cacatorium nobile fecit opus.

Nebst dem obszönen Witz gelten A. heute vielfach als sexuelle Annoncen der Anbahnung homosexueller Verbindungen (in öffentlichen Bedürfnisanstalten). In beiden Geschlechtern gemeinsam zugänglichen Abtritten (Gaststätten, primitiveren Bahnhofsanlagen usw.) findet sich meist auch ein reichlicher Inseratenmarkt zum heterosexuellen Verkehr, wobei das Angebot in der Mehrzahl der Fälle von männlichen Individuen stammt. - (erot)

  Latrine Zote Poesie

 

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