andnahme
Erik der Rote hatte sein Land Grönland, grünes Land, genannt, weil er
glaubte, daß die Leute dann eher hingehen würden, wenn das Land einen
sdiönen Namen habe. Jedenfalls hat er nicht geahnt, daß der Holzmangel
einmal so entscheidend gefährlich würde. Bei seinem Entschluß in
Grönland zu siedeln war er in eine Sackgasse eingebogen.
Es gab Früchte
in Gestalt bestimmter Äpfel von bestem Geruch. Entweder sind die
Hauswiesen der Normannen zu dürren Flechtensteppen verkümmert, oder die
Fjorde wurden durch Kalbeis der Inlandgletscher ganz unzugänglich, das
läßt nur darauf schließen, daß eine Klimaverschlechterung eingetreten
ist, Erstaunlicherweise sind aber die Gewänder, in die die toten
Wikinger von Grönland bei ihrer Beisetzung gekleidet waren, in der
Mehrzahl ganz außerordentlich gut erhalten. Daraus kann nur gefolgert
werden, daß bald nach Anlegung dieser Grabstätten in Grönland eine
Klimaverschlechterung eingetreten ist, in deren Verlauf der Erdboden
dauernd gefror. Schon Ende August begann das Wasser zu gefrieren und im
Laufe des Oktobers bedeckten sich dann die Fjorde mit Eis. Die
norwegische Krone verhängte schließlich die Todesstrafe auf jede
unbefugte Schiffahrt nach Grönland, und als 1389 einige Schiffer vom
Sturm nach Grönland verschlagen wurden, wurden sie um Haaresbreite
hingerichtet.
Um die Mitte des vierzehnten Jahrhunderts ist die
Viehwirtschaft unmöglich geworden. Vermochten die Wikinger auf Grönland
schon nur untei Schwierigkeiten auf Brot und Grütze zu verzichten, so
war es für sie vollends unmöglich, noch die Milch und alle Milchprodukte
aufzugeben. Skelettfunde in den Friedhöfen ergaben, daß die Zähne
selbst ganz junger Menschen außerordentlich abgenutzt waren. Das ist auf
eine durch Sand und Kies verunreinigte Pflanzenkost zurückzuführen,
deren Genuß ein manchmal völliges Abschleifen der Kauwerkzeuge mit
entsprechenden krankhaften Veränderungen am Kiefer zur Folge hatte. Zu
einem solchen Ersatz der fehlenden Kohlehydrate waren die Wikinger nach
dem Ende ihrer Viehwirtschaft gezwungen.
Dagegen wiesen die Gerippe
häufig schwere Rückgratverkrümmung auf, möglicherweise als Folge von
Rachitis oder Tuberkulose. Auch Beckenverengungen, die bei den Frauen
schließlich zur Gebährunfähigkeit führten, krankhafte Schwäche der Arme
und Beine und endlich Zwergwuchs fand sich an den Skeletten als Folgen
einer dauernden Unterernährung. Aus den hochgewachsenen wuchtigen
Gestalten der Landnahmezeit waren schließlich pygmäenhafte
Erscheinungen geworden, deren Größe zwischen 140 und 160 cm lag. Dazu
muß eine sehr hohe Kindersterblichkeit gekommen sein. Für 1534 wird von
dem isländischen Bischof, der in die grönländischen Gewässer verschlagen
wurde, bezeugt, er und seine Leute hätten im Vorbeifahren noch Menschen
gesehen. Es sei zwar bereits Abend gewesen aber sie seien so dicht an
der Küste entlanggesegelt, daß sie die Menschen, die Schafställe, die
Schafe und die Lämmer genau erkennen konnten.
Der letzte Europäer, der
einen Grönland-Wikinger gesehen hat, war der Kapitän Jon. Der ist 1540
auf einem deutschen Handelsschiff nach Grönland verschlagen worden. Da
fanden sie Bootshäuser und Steinwälle. Da sahen sie auch einen toten
Mann, der auf dem Gesicht lag. Auf dem Kopf hatte er eine Kapuze, gut
genäht, und im übrigen trug er Kleider aus Robbenfellen. Bei ihm lag ein
krummer Dolch mit Scheide, verbogen und durch häufiges Schleifen sehr
verschrammt und abgenutzt. Auch fand sich ein blaues Glas in seiner
Nähe. Das und das Messer nahmen sie als Andenken mit. - (acht)
|
||
|
|