achen,
wildes
Einmal, vor ein paar Jahren erst, hatte er nüchtern und wach vor dem Fernseher
gesessen und über irgend etwas lachen müssen. Anstatt einen Höhepunkt zu erreichen
und schließlich auszuklingen war sein Lachen mit jedem Atemzug wilder geworden
und hatte ihn in einen Bewußtseinszustand geführt, den er sich gar nicht hatte
vorstellen können, der von ihm Besitz ergriffen hatte und über ihm zusammengeschlagen
war, und sein Kopf war von einer übernatürlichen Leichtigkeit
gepackt und davongezogen worden, auf einem Kurs, der nicht nur durch die üblichen
drei Dimensionen ging. Er war zu Tode erschrocken. Er hatte gesehen, wie sein
Gehirn auf links gedreht worden war wie eine Socke, nicht aber, was danach kam.
Irgendwann hatte er sich erbrochen, irgendeinen Kreis durchbrochen, und das,
so sah er es, war, was ihn gerettet hatte: eine Komponente seiner Persönlichkeit,
die für Übelkeit zuständig war. Er begrüßte diese Erkenntnis als eine bedeutsame
Entdeckung über sich selbst ~ es war eine unerwartete Kontrollinstanz, auf die
er sich fortan würde verlassen können und die ihn vor dem Abgrund, in den sein
Lachen ihn beinahe gerissen hätte, bewahren würde. Von da an hütete er sich
davor, zu leicht zu lachen. Ringsum sah er damals Leute seines Alters, die sich
gefährlichen Anfällen von Spaß hingaben und sogar beschlossen, nie mehr zu einer
geregelten Existenz zurückzukehren. Kollegen ließen sich die Haare wachsen und
brannten mit Minderjährigen desselben Geschlechts durch, um auf Pilzfarmen an
weit entfernten Küsten zu arbeiten. Selbst in den Travertin-und-Glasziegel-Kabinen
der Toiletten des Justizministeriums dröhnten und hallten Pink Floyd und Jimi
Hendrix. Wohin er sich auch wendete, überall sah Brock nachlassende Kontrolle
- wohingegen sich die anderen bei ihm nicht so sicher waren. -
Thomas Pynchon, Vineland. Reinbek bei Hamburg 2015
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