unstmaler   Der Kunstmaler Cimetta, in Orte gebürtig, aber in Orvieto wohnhaft, malte Zeilen, wenn er sich voll und ganz im Zustand der Inspiration befand. Es waren sehr elementare Zeilen, wie sie ein Analphabet malen würde, schwarze gerade Zeilen ohne jeglichen Reiz. So war eben seine Malerei.

Ein Gemälde malte er nur ab und zu, wenn er nämlich das Bedürfnis hatte, sich auszudrücken. Gewöhnlich malte er es auf eine Holztafel von dreißig mal dreißig Zentimetern. Er sagte, wenn er sich an die Arbeit mache, habe er keinerlei Vorstellung im Kopf und auch keinerlei Absicht, Zeilen zu malen. Nahm er den Pinsel zur Hand, so kamen unversehens Zeilen heraus, aber so, wie wenn er sie in dem Moment entdeckt hätte. Es waren immer dieselben Zeilen, die nichts bedeuteten. Aber während er sie malte, wunderte es ihn irgendwie, daß er sie malte, und er schwor, sie seien seine Autobiografie. Wer nichts davon verstand, konnte kein Bild vom anderen unterscheiden, und auch er selbst konnte es nicht, so ähnlich waren sie einander. Er wußte auch nicht, was das einzelne Gemälde bedeuten sollte. Während er es aber malte, kam es ihm, nach seinen eigenen Worten, vor wie ein Universum für sich mit so vielen und so klaren Bedeutungen, daß er meinte, er schreibe ein Buch, den Fortsetzungsroman seines Lebens. Aber eine halbe Stunde später hatte er diese Bedeutungen vergessen und für kein einziges Gemälde sind sie ihm je wieder eingefallen. - (cav)

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