ulturtante  Ich spreche hier nicht von den allerherzlichsten, angenehmsten Urteilen unserer Familientanten, nein, vielmehr möchte ich die Urteile anderer Tanten berühren - jener Kulturtanten, jener Viertelautorinnen und angehängten Halbkritikerinnen, die ihre Urteile in Zeitschriften verkünden. Denn um die Kultur der Welt herum hockt eine Horde alter, angehängter, an die Literatur angeflickter, über die Maßen in die Geisteswerte eingeführter und ästhetisch orientierter Weiber, die meist irgendwelche eigenen Ansichten und Überlegungen haben und dahin aufgeklärt sind, daß Oscar Wilde passé und Bernard Shaw der Meister des Paradoxes sei. Ach, sie wissen schon, daß man unabhängig, fest und tiefer sein muß; daher sind sie unabhängig, fest und ohne Übertreibung tiefer und zugleich voller Tantengüte. Tante, Tante, Tante! O wer sich niemals auf der Werkbank einer Kulturtante befunden hat, stumm und klaglos von dieser ihrer trivialisierenden und dem Leben alles Leben nehmenden Mentalität präpariert worden ist, wer nicht in der Zeitung das Tantenurteil über sich gelesen hat, der kennt nicht die Kleinkeit, der weiß nicht, was das ist: eine Kleinkeit in einer Tante.  - (fer)
 
 

Tante Feuilleton Kulturleben Kulturfrau

 

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