ünstlerpredigt   Die Kunst nährt sich, wie der Gott der Juden, nur von Sühneopfern. Auf, zerreiße Dich, geißle Dich, wälze Dich in der Asche, demütige die Materie, spei auf Deinen Leib, reiß Dir das Herz aus! Du wirst allein sein, Deine Füße werden bluten, ein infernalischer Ekel wird Deine ganze Reise begleiten, nichts, was die Freude der anderen ausmacht, wird die Deine hervorrufen, was für sie ein kleiner Stich ist, wird für Dich eine Zerreißung sein, und in diesem Sturm wirst Du verloren umhertreiben, nur mit dem schwachen Lichtschein am Horizont. Doch er wird stärker werden, er wird groß werden wie eine Sonne, seine goldenen Strahlen werden auf Dein Gesicht fallen, sie werden in Dich eindringen, Du wirst von innen erleuchtet werden. Du wirst Dich leicht und ganz Geist fühlen, und nach jedem Aderlaß wird Dir Dein Fleisch leichter sein. Suchen wir also nichts als die Gelassenheit; erbitten wir vom Leben nur einen Sessel und keine Throne, nur Befriedigung und keine Trunkenheit. Die Leidenschaft paßt schlecht zu der langen Geduld, die das Handwerk erfordert. Die Kunst ist umfangreich genug, um einen Menschen ganz zu beschäftigen. Ihr etwas vorzuenthalten, ist fast ein Verbrechen, es ist ein Diebstahl, den man an der Idee begeht, ein Versäumnis der Pflicht. Doch man ist schwach, das Fleisch ist schlaff, und das Herz zittert wie ein regennasser Zweig bei den Erschütterungen des Bodens. Man hat Bedürfnisse nach Luft wie ein Gefangener, man wird von unendlicher Schwäche überfallen, und man fühlt sich sterben. Die Weisheit besteht darin, den geringstmöglichen Teil der Ladung über Bord zu werfen, damit das Schiff ungehindert schwimmt.  - (flb)
 
 

Predigt Künstler

 

  Oberbegriffe
zurück 

.. im Thesaurus ...

weiter im Text 
Unterbegriffe

 

Verwandte Begriffe
Synonyme