ünstler-Tier-Gehege
inzwischen sind wieder Tage verstrichen, Tag und Nacht, diese schwarzweiße Show.
So kann ich Dir noch einmal einige Eindrücke hier schreiben, wie es geht. -
Nämlich es ist doch schwieriger zu ertragen, in dem Gebiet der Villa Massimo
zu wohnen, überhaupt hier zu sein. (Wenn nicht das verfluchte Geldproblem wäre,
könnte man es leicht wegwerfen, dieses Stipendium, das mich ohnehin nur schwach,
so gerade über Wasser hält.) - Zunächst das Gebiet der Villa selbst: mit den
Leuten darin ist es doch sehr ähnlich einem abgewrackten Tierpark, jeder hat
sein Häuschen, jeder hat sein Atelier, darum ist eine große Mauer, innen Wege
zum Spazieren - Mauern müßten gezogen werden, damit man wenigstens etwas allein
ist und nicht immer sogleich in das Gesicht von jemandem anderen sehen muß -
und dann wäre auch etwas mehr Stille, und dann müßten einfach weniger hier sein
- ich sagte es schon, vier Leute auf dem Gebiet - statt dessen Klüngel, miese
deutsche Hauswirtschaftsart, Familienzusammenhänge, organisierte Kinderbetreuung
(sofort haben die deutschen Hausfrauen wieder organisiert, obwohl es für sie
sowieso nichts als ein Ferienaufenthalt ist -sowas zu sehen, nur winzige Augenblicke
am Tag, macht blöde - und dann überhaupt Gruppierungen, gegenseitige Hausbesuche,
Trinkabende, zum Ekeln, wenn es zur Dauer wird und man darin lebt und davon
umgeben wird (sowas Elendes wie deutsche Künstler, gibt es das sonst noch? Dieses
Sich-Zusammenklüngeln, diese Bierabende, diese miese Gemeinschaft, die auf Schnäpse
und allgemeinem Guten-Einvernehmen beruht, das so hohl ist wie ein leergeblasenes
Ei? Oder so kaputt ist wie ein abgetakelter schrottreifer städtischer Omnibus
mit verschlissenen Kunststoffsesseln, aus denen rostige Spiralfedern sich drehen:
so kommt mir die Gemeinschaft vor, die Form, die Art, der Inhalt - also so sieht
es aus! Und was haben sie zu sagen? Was ist zu sagen? Nichts, nichts - Austausch
von Speiselokalen, Austausch von Preisen, Tips für Verbilligungen (. . .) und
dazu die trübe Bar am Platz Bologna, der zerfetzte kleine Park in der Mitte
mit dem Loddel-Cafe, die erloschenen, verstaubten Farben der bedrückenden Hochhausklötze
ganze Straßenzüge entlang, immer mit den Plakatschmierereien oder dem Sprühdosen-Geschmiere,
gleich von welcher Seite aus, an den Hauswänden - und dann zurück in das Künstler-Tier-Gehege
des Staates, demokratisch geordnet, Reihe an Reihe, der döfste Gedanke darf
gesprochen werden und hat dieselbe Stimme wie der klügste - und dann wieder
draußen die stumpfen, ausdruckslosen Fotzengesichter - der nichtssagende ätherische
Ausdruck der Mädchen, sie blicken immer weg, sie wedeln mit ihren enormen Geschlechtsteilen
über die Straße und dann kommt nichts - leere Körper, leere Gespenster, in Massen
- abends hocken sie zusammengedrängt in kleinen Nödel-Blech-Karren und grabschen
sich in dem geparkten Blechgehäuse an der Mauer des Villa-Bezirkes ab - miese
verrottete Sinnlichkeit, man kann direkt ihre Gedanken vernehmen was sie sich
so vorstellen vom Leben - ein fauler, stinkender Bewußtseinskanal - kaputte
Bäume im Park, verrottete Wiesen, nie ganz venvuchert, so daß ein wenig zum
Ausruhen des Auges und der Fantasie vorhanden wäre, alles sehr mittelmäßig,
kleinkariert - und dazu das Gebarme der Ideen, das Gemäste der Gedanken sogenannter
Künstler am Leid anderer- sie werden fetter und fetter, je mehr sie fremdes
Leid auftischen können - auch das ein Ekel, der hervorgerufen wird bei mir,
genauso wie der Ekel vor den benutzten allgemeinen Begriffen - es ist schon
für mich schwer zu ertragen. Physisch schwer zu ertragen und bewußtseinsmäßig
ebenfalls, was die ausgestoßenen Unterhaltungen anbelangt, die Programme, die
Formulierungen, da muß einen oft das schiere Entsetzen schütteln im Ohr, im
Kopf, im Körper- hast Du es auch so erlebt? Oder bist Du sozialer eingestellt?
- - (rom)
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