ränkung   Ein jeder Fürst muß wünschen, für gütig, und nicht für grausam zu gelten. Nichtsdestoweniger muß er bedacht seyn, diese Güte nicht übel anzuwenden. Cäsar Borgia galt für grausam; nichtsdestoweniger hatte diese seine Grausamkeit Romanien wiederhergestellt, es vereinigt, Treue und Friede darin befestigt. Erwägt man dieß wohl, so wird man sehen, daß er bei weitem gütiger als das Florentinische Volk gewesen ist, welches, um nicht als grausam verrufen zu werden, Pistoja zerstören ließ. Es darf daher ein Fürst um den Namen des Grausamen sich nicht kümmern, wenn er seine Unterthanen einig und treu erhalten will; denn, mit Statuirung sehr weniger Exempel, wird er gütiger seyn, als Jene, die aus zu großer Güte die Unordnungen einreißen lassen, aus denen Mord und Raub entspringt: denn diese pflegen eine ganze Gemeinheit zu kränken: jene Executionen aber, die vom Fürsten ausgehen, kränken nur einen Einzelnen. - Niccolo Machiavelli

Kränkung (2)  Die aus Leichtfertigkeit verursachten Kränkungen sind schmerzhaft, denn sie setzen eine Gleichgültigkeit gegenüber dem Verletzten voraus. Und er konnte keine Gleichgültigkeit ertragen: Das war eine Form der Erniedrigung, die ihn bleich werden ließ, die er in seinem Leben schon zu oft erfahren hatte, die ihn in sein Dasein als Paria zurückfallen ließ, als er sich in dem Laden an der Viale Libia billige Kleider kaufen und sie obendrein noch für elegant halten mußte. Aber die schmerzhaften Kränkungen sind auch die ergiebigsten und die fruchtbarsten, das wußte er, denn sie gären in der Seele, sie erfordern ausgearbeitete und komplexe Reaktionen, und keine plötzlichen, befreienden und enttäuschenden Taten. Nein, er wußte sehr gut, daß sich die schmerzhaften Kränkungen in einer geheimen Zone einnisteten, wo sie zusammengeduckt kauerten, wie verpuppte Larven, und dann bildeten sie Verästelungen, Kolonien, Termitenhügel mit komplizierten Gängen, die eine genaue und gewissenhafte Topographie voraussetzten. Eine Topographie, die er mit Genauigkeit und Gewissenhaftigkeit studiert hatte, und mit Geduld, denn es bestand keine Hoffnung auf eine direkte Rache.  - Antonio Tabucchi. Kleine Mißverständnisse ohne Bedeutung. München 1999  (zuerst 1985)

Kränkung (3) Es ist ein lächerlicher Traum zu notieren: Man erzählte mir, Hermopan habe sich auf der Jagd durch einen Zufall mit einem Waidmesser verletzt. Ich soll ihn besuchen. Ich komme an sein Krankenbett. Er streckt mir seine schöne längliche Hand mit dem breiten Siegelring am Mittelfinger entgegen. Ungenau unterrichtet, frage ich verlegen-höflich und schon beim Aussprechen meine Worte als Taktlosigkeit empfindend: >Es ist doch hoffentlich kein edlerer Teil verletzt?< „Ich hab' keine unedlen Teile", antwortet er und dreht sich zur Wand.  - Franz Hessel, Ermunterung zum Genuß. Berlin 1981

Kränkung (4) Auf einem Ball in Paris wurde de Barreaux einmal mehr als sonstwo geprügelt. Zu Füßen einer Dame sagte er ganz laut alles, was ihm gerade in den Sinn kam; von einem sehr großen Mädchen sagte er, sie sei die Königin Esther und er habe sie schon tausendmal auf Wandteppichen gesehen. In solch ausgelassener Stimmung zog er einem Diener, der Zitronenwasser reichte, die Perücke herunter. Jener Diener, der den Schönling spielte, fühlte sich so beleidigt und durch diese Schande in seiner Ehre gekränkt, daß er eine Viertelstunde später eine kleine Tür hinter dem Wandbehang öffnete, die sich genau hinter von Barreaux befand, und ihm fünf oder sechs derbe Hiebe mit einem Prügel versetzte, von denen einer ihn am Kopf verletzte, worauf jener flüchtete, ohne daß ihn jemand erwischen konnte, weil er die Tür hinter sich abschloß. Der Hieb war gefährlich, und man hätte ihm beinahe den Schädel aufbohren müssen.

Im folgenden Sommer war er in großer Gefahr, in der Touraine von Bauern totgeknüppek zu werden.  - (tal)

 

Schmerz

 

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