orallenteufel »Also
die Virginia?« Nach und nach kam man dahinter: auf ihre unverschämte Vitalität,
ihre herausfordernde Art. Es kam heraus, daß diese Hexe zwei Seelen behext hatte:
in zwei verschiedenen Richtungen. Die guten Frauen sagten, sie hätte alle beide
verrückt gemacht: und spielten ihre Geburtsdaten auf dem Lotto. Ihre aufdringliche
Hübschheit, ihre Gesundheit, der Korallenteufel, der in dieser Elfenbeinhaut
steckte, diese Augen! man mußte wirklich glauben, daß sie den Mann und die Frau
hypnotisiert hatten: »dieses dreiste Auftreten«, und dabei, in etwa, ein Landpomeränzchen,
bei dem (wie die Pettacchioni meinte) »ein grundgutes Herz « zum Vorschein kam,
oder, wie mit lächelnder und gleichzeitig ein wenig stirnrunzelnder Berufsmiene
der Doktor Ghianda meinte: »eine flegelhafte Pubertät. «Welchselbigem Doktor
Ghianda die Virginia, ohne jegliche Aufforderung, die Zunge
gezeigt hatte, durch blitzartiges Vorschnellen und ebenso schnelles Wiedereinkassieren,
mit automatenhafter Geschwindigkeit und steifgereckter Spitze, ihr persönliches
Patent: indem sie gleich darauf mit eiskalter Überlegenheit des ganzen Gesichtes
und lediglich einem. Funken Bos-haftigkeit in den Augen, seinem irritierten,
schwefelgelben Blick standhielt: aus dem es schwelte und stank vor Ärger. Im
übrigen, verdammelig! diese Prachtshüften, die sie hatte, dieser Marmorbusen:
zwei steinharte Tuttchen, daß man mit dem Messer hätte reinpicken können: und
dieses ständige Schulterwerfen, hochmütig, mit verächtlichen Lippen, als wollte
sie sagen: Scheiße auf euch alle! Jawoll, meine Herrschaften! Und nach stundenlangem
Schweigen eine närrische Ausgelassenheit, ein grausames Gelächter: mit weißen
Zähnen, dreieckig, wie von einem Hai, als ob sie jemandem das Herz zerfleischen
wollte. Diese Augen! so von unten herauf unter dem schwarzen Gefrans der Brauen:
die plötzlich aufflammten in einem schwarzen, flüchtigen, grausam blickenden
Glanz: ein schmaler Blitz, der gezielt davonschoß, vorbei, wie ein lügnerischer
Verräter der Wahrheit, die, noch nicht ausgesprochen, schon wieder auf den Lippen
verlöschen wollte. »Sie war ein launisches Mädchen, aber herzensgut«, meinte
eine Stunde später der Geflügelhändler, den man zur Vernehmung geholt hatte.
»Ein kreuzbraves Mädchen, glauben Sie mir: sie spielte nur gern ein bißchen
die Unverschämte«, bestätigte die Frau des Lebensmittelhändlers aus der Via
Vülari: »Ah! die Virginia vom dritten Stock? das war ein nettes Ding!« - »Die?
Die hat den Teufel auf ihrer Seite «, sagten die Freundinnen. »Die hat den Satan
im Leib.« Einer aber, die von den Monti di Patrica stammte, entschlüpfte eine
etwas andere Version: »Die hat den Satan im Hintern«. - Carlo Emilio Gadda, Die gräßliche Bescherung
in der Via Merulana. München 1988
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