ontinuität
Wäre es nicht eventuell möglich, daß Raum und Zeit diskret werden? Das heißt
in kleinste, nicht weiter teilbare Einheiten zerfallen, wie man es von der Materie
kennt? Richard P. Feynman hält die Theorie von der Kontinuität des Raums
kurzerhand für falsch: »Ich vermute, daß sich die einfachen Begriffe der Geometrie
nicht ohne weiteres auf den unendlich kleinen Raum übertragen lassen. Damit
mache ich freilich nur ein Loch, ohne es wieder zu stopfen.«
- Georg Brunold, Fortuna
auf Triumphzug. Berlin 2011
Kontinuität (2) Die von uns wahrgenommene Kontinuität der Zeit, die Einheit der Sinnesempfindungen, scheint also eine Illusion zu sein. Statt des gemächlichen Gleichmaßes erleben wir ein Trommelfeuer ineinandergeschachtelter Rhythmen: elementare zeitliche Fenster von dreißig Millisekunden und Intervalle von etwa drei Sekunden, in denen aufeinanderfolgende Informationen miteinander zu einem Jetzt verknüpft werden.
Daß aus aneinandergereihten Gleichzeitigkeiten
Geschichte erwachsen kann, daß aus stroboskopartig erhellten Momenten
ein Kontinuum entsteht, läßt sich nur mit den Eigenschaften und Fähigkeiten
des Gehirns erklären. Die meisten Hirnforscher glauben,
im Bewußtsein das Sinnesorgan der Zeit gefunden zu haben. Es registriert und
speichert Ereignisse, analysiert ihren Ablauf und gibt ihnen ihre Reihenfolge.
Zeit entsteht erst im bewußten Erleben. - (kopf)
Kontinuität (3)
In der geschlechtslosen Fortpflanzung
teilt sich das einfache Wesen, das aus einer Zelle besteht, wenn ein bestimmter
Grad seines Wachstums erreicht ist. Es bildet zwei Kerne aus, und aus einem
Wesen entstehen zwei. Aber wir können nicht sagen, daß das eine Wesen ein zweites
hervorgebracht hat. Die zwei neuen Wesen haben den gleichen Anspruch, als Produkt
des ersten zu gelten. Das erste Wesen ist verschwunden. Im eigentlichen Sinne
ist es gestorben, denn es Überlebt keines der beiden Wesen, die es hervorgebracht
hat. Es zerfällt nicht in der Art, wie die geschlechtlichen Tiere sterben, aber
es hört auf zu sein. Es hört insofern auf zu sein, als es diskontinuierlich
war. Nur an einem Punkt der Fortpflanzung hat es Kontinuität gegeben. Es gibt
einen Punkt, wo das ursprüngliche Eine übergeht
in Zwei. Sobald es zwei gibt, ist die Diskontinuität jedes der Wesen
wiederhergestellt. Aber der Übergang schließt zwischen den beiden einen Augenblick
von Kontinuität ein. Das erste stirbt, aber in seinem Tod erscheint ein
Grund-Augenblick von Kontinuität der beiden Wesen. - Georges Bataille,
Der heilige Eros. Nach: Italo Calvino, Kosmokomische Geschichten.
Frankfurt am Main 1969(zuerst 1965)
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