onservierung  Die Insulaner verstehen sich auf die Kunst des Einbalsamierens und üben sie mit solchem Erfolg, daß die Körper ihrer großen Häuptlinge oft viele Jahre lang in demselben Hause aufbewahrt werden, in dem sie gestorben sind. Bei meinem Besuch in der Bucht von Tior habe ich drei von ihnen gesehen. Der eine war in riesige Mengen Tapa eingehüllt, die nur das Gesicht freiließen, und hing aufrecht an einer Wand der Wohnung. Die angeren lagen ausgestreckt auf Bambusbahren in offenen erhöhten Tempeln, die augenscheinlich ihrem Gedächtnis geweiht waren. Die Köpfe der im Kampf getöteten Feinde werden ausnahmslos konserviert und im Haus des Eroberers als Trophäen aufgehängt. Das übliche Verfahren ist mir nicht bekannt, aber ich glaube, das hauptsächlich angewandte Mittel besteht in einer Räucherung. Alles, was ich sah, hatte das Aussehen eines Schinkens, der eine Zeitlang im Rauchfang gehangen hat.  - Herman Melville, Typee. Ein Blick in das polynesische Leben... München 1979 (zuerst 1846)

Konservierung (2)  Das Erdreich, auf dem das Kapuzinerkloster gebaut ist, besitzt die merkwürdige Eigenschaft, die Verwesung des toten Fleisches so zu beschleunigen, daß nach einem Jahr nur noch etwas vertrocknete Haut an den Knochen klebt. Manchmal sind noch Reste der Behaarung erhalten.

Man stellt also die Särge in kleine, seitliche Mauernischen, die jeweils acht Dahingegangene aufnehmen können. Nach einem Jahr wird der Sarg geöffnet und die Mumie herausgenommen — eine gräßlich aussehende, bärtige, verkrampfte Mumie, die schmerzverzerrt zu heulen scheint. Sodann hängt man sie in einer der Hauptgalerien auf, und die Familie kommt sie von Zeit zu Zeit besuchen. Die Leute, die auf diese Weise durch Austrocknung konserviert werden wollten, haben das vor ihrem Ableben so bestimmt, und so werden sie in alle Ewigkeit hier aufgereiht hängen bleiben unter diesen düsteren Gewölben — wie museale Objekte, die man zur Schau stellt —, solange die Verwandtschaft ihren Jahresbeitrag leistet. Sobald die Familie zu zahlen aufhört, wird der Heimgegangene ganz einfach auf die sonst übliche Weise eingescharrt.  - (err)

Konservierung (3) Es haftet den Erscheinungen und Menschen der absoluten Zivilisation  etwas seltsam Konserviertes an; sie erinnern an jene Mumienköpfe, die mit polierten metallischen Masken überzogen sind. Der moderne Sport, der Vergnügungs-, Literatur-, Museums- und Hygienebetrieb und was dahingehört, entsprechen einer arktischen Zone des Gefühls — lappländische Arbeit, wie E. Th. A. Hoffmann sagen würde. Wie kommt es, daß diese herrlichen Frauenkörper, trainiert, sonnengebräunt und mit allen Mitteln der Kosmetik in Form gebracht, für den Appetit so fade wie kalifornische Äpfel sind? Das, was ich die Walt Whitmansche Epidermalverhärtung nenne, dieser Absturz des Puritanismus in die Naturheilkunde, ist freilich unter das Niveau des Bösen hinabgesunken; es ist die Auszehrung der Erbsünde durch Sterilität. Diese völlige Neutralität, diese totale Farbenblindheit der Zivilisation, die sich unter anderem in der Verwechslung des Verbrechens mit der Krankheit, der Werte mit den Zahlen, des Fortschrittes mit der Erlösung offenbart, ist dennoch eine letzte Konsequenz des Bösen, wenn dieses auch nicht mehr virulent vorhanden ist — ähnlich wie die Spirochäte im metaluetischen Stadium. Diese moralische Kastration, die völlige Ausschneidung des moralischen Bewußtseins bringt einen seltsamen Zustand hervor, in dem der Mensch aus einem Diener des Bösen in eine Maschine des Bösen verwandelt wird. Daher kommt es, daß das Individuum einen mechanischen, das ganze Getriebe aber einen satanischen Eindruck erweckt.   - (ej)
 

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