onkurrenzbeobachtung Was sind also die drei Beispiele, die das Volk mißverstehend als Künstler, Zeichner oder Maler versteht? Da ist 1. der Verlogene: Kokoschka — lieb, sanft, Weste, Tabakgeruch. Aber auf dem teuren, handgezogenen Papier eine einzige disziplinlose Sudelei in grob-antiker Attitüde als Beleidigung der literarischen Vorlage; diese Disziplinlosigkeit gilt allemal als das Künstlerische schlechthin.
2. Der Törrichte: Antes — 40 Jahre das gleiche Auge, die gleiche Pfote und der gleiche Fuß in stupider Abwandlung. Diese »Konsequenz" wird gern als Überzeugungskraft des Stils gewertet.
3. Der Kastrat: Fuchs — die penible Penetranz der Darstellungen entspricht
hier nun vollkommen der vor sich hin dämmernden Physis des Autors und diese
Kastration wird gerne als Perfektion oder Disziplin des Vortrages mißdeutet.
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(jan)
Konkurrenzbeobachtung (2) Von
ihrem Platze aus musterte Goldlotos ihrerseits verstohlen, ohne die Pupillen
zu verdrehen, die vier anderen Frauen. Da war zunächst Mondfrau, die sie auf
siebenundzwanzig Jahre schätzte. Ein Antlitz ebenmäßig blank wie eine Silberschale,
die Augen rund und frisch wie Aprikosen. Ihre Bewegungen sanft und geschmeidig,
ihre Haltung würdig, knapp und gemessen ihre Sprache. Dann Li Kiao'rl, die ehemalige
Sängerin aus dem Freudenhaus. Eine etwas üppige, behäbige Schönheit. Zwar fraglos
eine Kurtisane von Klasse, aber in der Liebestechnik Goldlotos doch weit unterlegen.
Mong Yü Loh, die dritte, eine Dreißigerin. Von Aussehen eine Birnenblüte, die
Taille geschmeidig wie eine Weidengerte, groß und verführerisch die Figur. Im
melonenrunden Gesicht hier und da kleine Tupfen, die ihre natürliche Schönheit
keineswegs beeinträchtigten. Unter ihrem Jupon zwei Füßchcn von genau den gleichen
Abmessungen wie die von Goldlotos. Schließlich Sun Hsüe O, die als Zofe im Haus
groß geworden war. Vollschlank, etwas untersetzt. In der Kochkunst ebenso vollkommen
wie im Tanzen und Tellerjonglicren. In raschem Überblick hatte sich Goldlotos
soweit wie möglich die charakteristischen Merkmale eingeprägt. - Kin Ping Meh oder
Die abenteuerliche Geschichte von Hsi Men und seinen sechs Frauen. Frankfurt
am Main 1970 (zuerst ca. 1610, Wang Schi Tschong zugeschr.)
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