omet   Zunächst erschien einige Monate vor der Pest ein Haarstern oder Komet, wie auch im übernächsten Jahre, kurz vor dem Brande, wiederum einer; die alten Frauen und der phlegmatische hypochondrische Teil des anderen Geschlechts, den ich beinahe auch alte Weiber nennen möchte, bemerkten, besonders hinterher, aber nicht bevor diese beiden Strafgerichte vorüber waren, daß die zwei Kometen unmittelbar über die City hingezogen seien, und zwar so dicht über den Häusern, daß es ganz offenbar war, sie bedeuteten etwas Besonderes für die City allein; daß der Komet vor der Pest von matter, trüber, schwacher Farbe und sehr schwerer, feierlicher und langsamer Bewegung gewesen sei, wohingegen der Komet vor der Feuersbrunst hell und leuchtend oder, wie andere wissen wollten, flammend und seine Bewegung rasch und heftig gewesen sei und daß demgemäß der eine ein schweres Strafgericht voraussagte, langsam aber ernst, furchtbar und schrecklich, wie die Pest war, während der andere einen Schlag bedeutete, jäh, schnell und ungestüm, wie die Feuersbrunst war; ja, manche Leute waren so genau, daß sie sich, als sie den Kometen erblickten, der dem Brande vorausging, einbildeten, ihn nicht nur rasch und wild vorüberziehen zu sehen und seine Bahn mit ihrem Auge wahrzunehmen, sondern ihn sogar zu hören, indem er einen sausenden, mächtigen Lärm machte, der wild und schrecklich war, obgleich auf eine Entfernung und gerade noch wahrnehmbar.

Ich sah diese Sterne beide, und ich muß gestehen, ich hatte so viel von der allgemeinen Vorstellung in meinem Kopf gehabt, daß ich darauf eingestellt war, sie als die Vorboten und Warnzeichen von Strafgerichten Gottes anzusehen; und besonders als die Pest dem ersten gefolgt war und ich noch einen anderen von derselben Art sah, konnte ich nicht umhin zu sagen, Gott habe die Stadt noch nicht genug gezüchtigt. - Daniel Defoe, Die Pest in London (zuerst 1722)

Komet (2) Maupertuis hat in einem Brief über den Kometen von 1742 geschrieben, ein solcher Komet könne, wenn er gegen unsere Erde angerannt käme, dieser ein großes Stück entreißen und mit sich fortführen. Lalande war 1773 in »Réflexions sur les Comètes, qui peuvent approcher de la terre« noch einen Schritt weiter gegangen und hatte den Parisern eine entsetzliche Angst eingejagt mit der Behauptung, ein Komet könne an die Erde anstoßen und dann dieselbe entweder fortstoßen, oder mit derselben wie zwey Quecksilbertropfen zusammenkleben. Nun bleiben beide Skribenten hinter ihrem Zeitalter zurück, indem sie für die jeweils anstehenden Kometen nichts auf Berechnung Gestütztes behaupten. Sie schüren eine unbestimmte Furcht vor der Gattung, von der man nie weiß, wieviele Mitglieder sie hat. Doch Gamauf hat hier wohl ziemlich genau Lichtenbergs Erwiderung auf Maupertuis‘ spekulative Ängstigung notiert: Aber der Komet soll sich nur hüten, daß er nicht selbst dabey sehr übel ankomme und von unserer Erde mitgeführt werde, statt sie mitzuführen, wie es etwa dem Mond ergangen ist, wenn er auch so ein Raubvogel gewesen seyn sollte. So etwas erfindet kein nachschreibender Memorialist, kein mitschreibender Studiosus.

Da den Vorlesungen über Astronomie die 6. Auflage des »Erxleben«, die letzte von Lichtenberg 1794 bearbeitete, zugrunde lag, gibt Lichtenbergs Kometentheorie auch Aufschluß über den Kenntnisstand zu und nach diesem Zeitpunkt. Er verwendet nämlich ein unrichtiges Faktum, das durch sein Ansehen verbreitet wurde und noch 1812 der Richtigstellung durch den Mitherausgeber der postumen Ausgabe der »Vermischten Schriften« in neun Bänden, F. Kries, bedürftig war. Denn Lichtenberg hatte vorgetragen, der Komet von 1754 sei zwischen Erde und Mond hindurchgegangen, folglich der beste Beweis aus der Erfahrung selbst, daß man von einer Annäherung der Kometen nichts zu befürchten habe. Auch lasse ihre Lockerheit und nebelartige Beschaffenheit jede Furcht vor ihnen verschwinden — vollends vor ihren Schweifen, da vermuthlich die Dünste eines Kubikfußes Wassers hinreichend wären, eine ähnliche Erscheinung darzustellen. Die Unwahrscheinlichkeit eines Zusammenstoßes ist dann nur noch ein Hilfsargument; es würde sowieso nichts passieren. Über die Bahnfestlegung hinaus hat also die Aufklärung auch physikalisch die Oberhand behalten, mit ihr die Folgerung: Und so darf man denn wegen der Kometen vollkommen ruhig schlafen, wenn uns nur sonst nichts quält. Der Konditionalsatz kennzeichnet auch hier das unverkennbar Lichtenbergsche: Aufklärung nützt nur, wenn sich das ›Gemüt‹ nicht gegen sie durchsetzt. Das wußte keiner besser. Deshalb ist auch der Authentizität verdächtig, was die Umständlichkeit aller Gegengründe gegen die Kometenfurcht abschließt: Ganz unmöglich sei es eben nicht, daß eine solche Kollision passiert, sie sei womöglich schon einmal vorgekommen: Aber was ists dann weiter! Soll denn entweder dieser Klumpen Erde, oder wir auf derselben, ewig dauern wollen. - (blum2)

Komet (3)  Wir haben hier einen Kometen, der auch sondermaßen ist, mit dem schönsten Schweif, den man je gesehen hat. Alle Hochgestellten sind darob in heller Aufregung, überzeugt, der Himmel beschäftige sich mit ihrem Verderben, warne sie durch diesen Kometen. Man hat erzählt, daß, als Kardinal Mazarins letzte Stunde nahte und er an den Ärzten verzweifelte, seine Höflinge glaubten, ihm mit dem Bericht über ein Wundergeschehen Ehre zu zollen. Sie sagten ihm, es sei ein großer Komet am Himmel, der sie mit Angst und Bangen erfülle. Er hatte die Kraft bewahrt, ihrer zu spotten, und scherzte, der Komet erwiese ihm zu viel Ehre. Man sollte wirklich sagen wie er: der menschliche Hochmut bilde sich allzuviel ein, indem er glaube, der Himmel mache so große Umstände, wenn man sterben muß.  - (sev)

Komet (4)  Was die siegreichen Helden-Armee der Christlichen Armeen unter unserem großmächtigsten Leopold in dem über verheerten Ungarn und an dessen angrenzenden erbfeindlichen Frontieren nicht ausrichten, das verrichtet zu derselben Schutz und der grausamen Feinde Trutz die unüberwindliche Macht-Hand Gottes, welche den Türkischen Verwüstern als eine erschröckliche Straff-Ruthe ihrer sterblichen Hinfälligkeit oben bemeldeten Cometen, anbey auch in einer ganz lichten Wolke auf zweien Röhren-Beinern einen entsetzlichen Totenkopf, dann auch anderseits eine gar wohl gestallte Toten-Bahre zeiget, daran man auch das formierte Kreuzes-Zeichen ganz klar und deutlich, also weißscheinend aus der Luft unschwer sehen und erkennen konnte. Es stand der Proportion und dem irdischen Auge nach gerade über obengedachter derzeit Türkischen Stadt Essek und gab den Zuschauern eine gar schlechte Freuden-Hoffnung zu vermerken ab. Vielleicht solchen Türkisch-rach-wüthigen Philistern und ihren schnaubenden Sanherib oder Sultanischen Groß-Vesir damit zu weisen die bald künftige Züchtigungs-Rute seiner tyrannischen Verdienste und Greueltaten, welche er an dem gläubigen Christen-Israel vor geraumen Jahren sich unterwunden und grausamiich ausgeübt. Es geschah auch nicht vergeblich nach einem vorher ergangenen erschröcklichen Blitzen und Donner-Gewitter, ihnen damit ihre ungläubigen Herzen reg und erschüttert zu machen und damit anzudeuten: Daß wo sie nicht von solchen Wüten und grausamen Toben wider die Christen abstehen würden, sie der Herr und unüberwindliche Christen-Gott alsdann mit einem eisernen Zepter zerschlagen und ihnen ein Wetter zu Lohn geben werde. Seinen gläubigen Christen-Streitern aber solle nach dem Ungewitter oder zeitlichen Trübsalen-Finsternis das Licht wiederum aufgehen und Freude den frommen Herzen in dem Teutschen Israel. - Flugblatt von 1687, nach (bisch)

Komet (5)  Im Jahr 1543 ist ein großer Komet im Dorf Zeisenhausen, nicht weit von Pforzheim, gesehen worden, um halb vier Uhr nachmittags, so seinen Schweif nach Mitternacht gewendet. Von ihm ist eine Flamm wie ein Drach herunter geflogen, so den nächsten Bach ganz ausgetrunken und auf einem Acker einen großen Teil Früchte hinweggenommen und wieder aufgeflogen ist. - (kal)

Komet (6)  Unerhörtes ereignet sich tagtäglich. Ein Komet näherte sich der Erde. Ein Mann stand an der Straßenecke. Er war verzweifelt über den Vertrag von Versailles, und wollte sich das Leben nehmen, darum stand er da und rief immerfort: Bitte, versuchen Sie meine Havanna-Qualitätszigarre Doktor Faust! Tabakgewicht 75 Gramm! Immerhin näherte sich also der Erde ein Komet und ein Mann hatte beschlossen, seinem Leben durch eine aufopfernde Tat ein Ende zu setzen: er stand da, ohne zu essen und ohne zu trinken, und rief Tag und Nacht: Bitte, versuchen Sie meine Havanna-Qualitätszigarre Doktor Faust! - Man soll nicht glauben, daß dies wenig bedeutete; der Mann wollte durch das Glück der Anderen, durch den Segen einer unverdrossenen Arbeit und durch produktive Hingabe an die Gesellschaft auf die idealste Weise aus dem Leben scheiden - er wollte noch ganz kurz vor Toresschluß ein Exempel von der wiederaufbauenden Kraft der bürgerlichen Klasse geben - denn, sehen Sie, aus der Morgenpost wußte er's, Bruno Bürgel hatte es in ihr so schön ausgemalt, wie es doch nicht unmöglich wäre, daß ein solcher Komet nach seinem Zusammentreffen mit der Erde die sittlichen Kräfte aus ihr aufnahm und so gewissermaßen als ihr moralisches Bewußtsein in den Jahrmillionen noch weiterleuchtete . . . Aber der gute Mann hatte gut warten - der Komet kümmerte sich so wenig um die Astronomie, wie der Mann um die Polizei, der Komet hatte Angst vor unserer Erde, Angst vor dem Vorausberechnetsein, und Angst vor ihrer strammen Sittendisziplin - der Komet machte 'nen großen Bogen und ward nicht mehr geseh'n. Unser Idealist mit den Dr. Faust Zigarren, Tabakgewicht 75 Gramm, stand dreizehn Tage (ausgerechnet!) und fror und schwitzte, hungerte und durstete und machte ein glänzendes Geschäft.  - Aus: Raoul Hausmann, Sieg Triumph Tabak mit Bohnen. Texte bis 1933 Bd. 2. München 1982

Komet (7)  

Kometen sind wie Katzen: Sie haben  Schweife und sie tun genau das, was sie wollen. - David Levy

Komet (8)  

Die Ordnung der Natur wird ganz und gar gestört,
Mit Dünsten fremder Art die reine Luft beschwert,
Und wenn sie haufenweis auf den Planeten sinken,
Wird, wie in einer Flut, was Athem holt, ertrinken,
Die Kugel selbsten wird aus ihrer Bahn gerückt,
Wenn eingepflanzter Trieb sie zum Kometen drückt;
Und muß vielleicht, wie er, in's Sonnenfeuer fallen,
Vielleicht kalt, unbewohnt in größre Ferne wallen.
So glaubte man denn sonst nicht gänzlich ohne Grund,
Es thu uns ein Komet den Zorn des Höchsten kund;
Und kann er gleich kein Land durch Krieg und Pest verheeren.
So könnt' er wohl vielleicht die ganze Welt zerstören.
Wahr ist es, daß wir noch dergleichen nicht geseh'n,
Allein, wie folgt der Schluß, drum könn es nie geschehn?

- Abraham Gotthelf Kästner, nach (bisch)

Komet (9)  

Komet (10)  

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