olik  »Sie sind gut, man sieht es an Ihren Augen.« Ihre Züge verzerrten sich auf einmal.

»Aber ich habe mich gerächt! Auch die Concierge ist eine boshafte Frau, das geschieht ihr recht!«

Sie schaute sich um, um sich zu versichern, daß sie sonst niemand hören konnte, dann sprach sie mit leiserer Stimme.

»Mit ihrer Klage und ihrer Bittschrift hat sie bei mir eine Kolik hervorgerufen. Wissen Sie, was ich da getan habe?«

Die junge Körperbehinderte starrte Trelkovsky aufmerksam an. Er deutete an, daß er es nicht wußte.

»Ich habe auf die Treppe gemacht!«

Sie lachte schallend.

»Ja, ich habe über die ganze Treppe gekackt.«

Aus ihren Augen blickte der Schalk wie bei einem jungen Mädchen.

»In allen Etagen, von oben bis unten. Schließlich ist es ihre Schuld, sie brauchten bei mir keine Kolik zu verursachen. Doch vor Ihrer Tür habe ich es nicht gemacht«, fügte sie hinzu, »ich will Ihnen keine Ungelegenheiten bereiten.«

Trelkovsky erstarrte vor Schreck. Blitzartig wurde er sich bewußt, daß die vor seiner Tür fehlende Verunreinigung viel eher zu seiner Verurteilung beitragen als seine Unschuld beweisen würde. Mit heiserer Stimme erkundigte er sich:

»Ist... ist es schon lange her?«

Sie gluckste.

»Soeben. Vor einer Minute. Wenn sie es morgen bemerken, werden sie schön verdutzt sein! Und die Concierge muß alles saubermachen. Geschieht ihnen recht, ganz recht!«

Sie klatschte in die Hände. Er hörte sie noch glucksen, als sie vorsichtig die Treppe hinunterging. Er beugte sich über das Geländer, um sich von dem Sachverhalt zu überzeugen. Sie hatte nicht gelogen. Eine gelbliche Spur zog sich in Zickzacklinien über die Stufen hin. - Roland Topor, Der Mieter. Zürich 1976 (detebe 20358, zuerst 1964)

Kolik (2)  

- Honoré Daumier, nach: David B. Morris, Geschichte des Schmerzes. Frankfurt am Main 1996

 

Krankheit Krampf

 

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