ochorgie Seine
Hose bleibt zerknüllt am Boden liegen, und im Zwiespalt, ob er sie aufheben
oder dem mechanischen Drang, etwas zu essen folgen soll, entscheidet sich Carvalho
für letzteres. Vor dem Wandschrank voller Konservendosen überlegt er, ob er
schnell eine Dose warm machen oder sich der Alchimie einer frühmorgendlichen
Kochorgie widmen soll. Was soll ich denn essen? Einen Nudeleintopf. Zwischen
Kühlschrank und der kleinen Speisekammer neben dem Wandschrank findet er alles,
was er braucht. Das leicht gesalzene Schweinerippchen wird rigoros dem knapp
bemessenen, im Tontopf siedenden Öl überantwortet. Ihm folgen eine kleingeschnittene
Kartoffel, gehackte Zwiebel, Paprika, Tomaten. Als das sofrito gut eingedickt
ist, salzt und pfeffert er es leicht mit rotem Pfeffer, bevor er die Nudeln
dazugibt und sie erhitzt, bis sie kleine Kristalle sind, die transparent werden
wollen. Das ist der Moment, um die Fleischbrühe darüberzugießen, so viel, daß
sie einen Finger hoch über der kompakten Masse steht. Sobald sie zu kochen beginnt,
gibt Carvalho vier dicke Scheiben botifarra de bisbe* dazu, und kurz
bevor er das Gericht vom Feuer nimmt, krönt er das Ganze mit einer kleingehackten
Mischung aus Knoblauch und roter, getrockneter Paprika, die er vorher getrennt
kurz angebraten hatte. Den Kniff mit der schwarzen botifarra hat er aus einem
Nonnenkonvent, wo er sich Ende der fünfziger Jahre versteckt gehalten hat, um
nach der Aushebung der Parteidruckerei zu warten, bis die Wellen sich wieder
gelegt haben. Die Nonnen richteten ihnen das Essen auf einem langen, weißgescheuerten
Holztisch an, dem schönsten, den Carvalho im Leben gesehen hat, wie aus einem
Weinkeller. Er hatte eine tiefe gefühlsmäßige Beziehung zur Ordenstracht, war
doch die Schule seiner Kindheit von Nonnen des Ordens San Vicente de Paúl geleitet
worden.
* Bischofsblutwurst
- Manuel
Vázquez Montalbán, Die Einsamkeit des Managers. München 1977
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