Knoten, geplatzter    Der Mord an De Lisle war wie eine Zäsur, und es fiel ihm schwer, sich in die Zeit vorher zurückzuversetzen. Er erinnerte sich an einen Knoten in seinem Innern, an einen dunklen, harten Knoten von unterdrückten und verbitterten Gefühlen, und es war, als hätte der Mord an De Lisle diesen Knoten aufgelöst. Er war jetzt gelassener und eigentlich auch glücklicher. Er konnte sich auch nicht als Verbrecher oder als Psychopathen sehen. Es war im Prinzip nichts anderes geschehen als an jenem Abend, an dem er Joel Nash die alberne Geschichte erzählt hatte. An jenem Abend hatte er seiner Phantasie freien Lauf gelassen, hatte sich vorgestellt, daß er von McRae hinreichend provoziert worden sei und ihn dann umgebracht habe. Vic erinnerte sich, daß er sich schon damals augenblicklich erleichtert gefühlt hatte. Eine Entladung von verdrängtem Haß - vielleicht war das treffender als das sprachliche Bild vom gelösten Knoten. Aber was hatte ihn in der Nacht bei Cowans dazu getrieben, die Grenze zwischen Phantasie und Realität zu überschreiten? Würde es bei ähnlichen Gegebenheiten noch einmal passieren? Hoffentlich nicht... Es war offenbar besser, hin und wieder einmal den Dampf abzulassen, als zu warten, bis er sich zu explosiven Mengen zusammendrängte. Er lächelte über diese einfache Logik. Er konnte sich sehr vieles vorstellen, aber zornig konnte er sich sich nicht vorstellen - zornig in der Art, in der die meisten Leute zornig waren, wenn sie die Stimme erhoben und mit der Faust auf den Tisch schlugen. Vielleicht sollte er es einmal versuchen.  - Patricia Highsmith, Tiefe Wasser. Zürich 1976 (zuerst 1957)
 

Knoten Platzen

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