Klostergespräch  «Diese Frau», erzählte der Bruder, «lebte mit mir, weil ich ihr nützlich war, aber sie hat mir so weh getan! Stelle dir vor, daß ich zu der Schmach herabsank, sie zu schlagen

«Man soll niemals seine Geliebte prügeln», warnte Giulio. «Es besteht die Gefahr, daß sie Gefallen daran findet, und dann verlangt sie es jeden Tag, was immer eine Belästigung ist. War sie schön?»

«Schön, von einer unkeuschen Schönheit. Wie oft habe ich, Gott möge mir verzeihen, den Wunsch verspürt, ihr einen Hammerschlag auf ihre wunderbar schönen Zähne zu versetzen! Und doch konnte sie manchmal naiv und silbrig wie eine Sardine sein.»

«Hast du sehr gelitten?»

«Sehr; auch weil sie nie Reue empfunden hat, wenn sie mich so gequält hat; niemals hat sie ein Wort des Mitleids für mich gehabt.»

«Wenn es einen Schmerz gibt, mit dem die Frauen kein Erbarmen haben, so ist es der, den sie selbst veranlassen. Das Mitleid der Frauen ist im übrigen ein miserables Gefühl, aus Klatschsucht, Sadismus und Koketterie mit dem Tode zusammengesetzt. Und diese Frauen haben also deine Berufswahl beeinflußt?»

«Indirekt, ja. Die Frau ist das gefärbte Glas, durch das wir das Leben betrachten. Und meine Frauen ließen mich das Leben sehen in gelben Farben, wie die Ironie, in grünen, wie die Falschheit, in grauen, wie den Neid. Ich verstand, daß alles Lüge und Heuchelei und Geschäft ist.»

«Das wissen wir.»

«Ich fing an einzusehen, daß die Frau käuflich ist und ihre Worte Lügen sind, und dann ging es mir auf, daß alles im Leben falsch ist; und daß alles lächerlich ist, alles konventionell ist, alles karnevalesk ist. Mein Freund, das Leben tragisch anzusehen, ist nicht traurig. Traurig ist, wenn man es nicht mehr ernst nehmen kann!»

«Und da bist du denn also Klosterbruder geworden.»

«Ja, wie ich Leuchtturmwächter inmitten des Ozeans geworden wäre, um mich von der Welt zu isolieren.»

«Weiß der Pater Provinzial, daß du Geliebte gehabt hast?»

«Er nimmt an, daß ich nur platonisch geliebt habe.»

«Die platonische Liebe ist eine von diesen feierlichen Flausen, an die die Mädchen in den Sonntagsschulen glauben.»

«Aber kaum, daß sie in die Normalschulen kommen, glauben sie nicht mehr daran. Der Pater Guardian betrachtet mich jedoch als einen alten Sünder; und deswegen hat er dich meiner Obhut anvertraut. Er glaubt, daß niemand besser als ich, der ich mich aus der Welt geflüchtet habe, dich den weltlichen Versuchungen entreißen kann.»

«Und bist du gläubig?»

«Nein. Daran leide ich glücklicherweise nicht.»

«Und wie machst du es, hier drinnen zu leben, wenn du nicht glaubst?»

«Ich habe mich aus Menschenhaß in diesem Kloster eingeschlossen.»       ,

«Und fühlst du nicht das Bedürfnis zu lieben?»

«Doch», gab mit trübem Lächeln der Mönch zu.

«Es gibt ein so starkes Liebesbedürfnis in der Welt, daß manche Frauen sogar ihre Gatten lieben.»   - Pitigrilli, Der falsche Weg. Reinbek bei Hamburg 1988

 

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