losterbruder  Hugo Ball war ziemlich groß und sehr dünn. Als ich ihm zum ersten Mal gegenüberstand, sah er für mich aus wie ein gefährlicher Verbrecher. Seine dunklen, meist schwarzen Anzüge und der schwarze breitrandige Hut, der seine vernarbten Züge verdeckte, täuschten einen Klosterbruder vor [eine verdächtige Note], Ich nahm sein sanftes Sprechen für eine Technik, spezielles Vertrauen zu erwecken [noch eine verdächtige Note]. Da ich selber voller Eitelkeit war, konnte ich mir einen Menschen, der so herumlief, nur als einen Simulanten vorstellen, der das 'Allermenschlichste' hinter einer überlegenen Vorsicht verbarg. Gegen diese Vorsicht war Vorsicht geboten. Als er in der völlig überfüllten Dada-Ausstellung in den Tiefenhöfen in Zürich 1917 seine ersten abstrakten Gedichte vorlas, wie ein Turm über der explodierenden und lachend applaudierenden Menge von hübschen Mädchen und ernsthaften Spießern stehend, war er Savonarola, fanatisch, unberührt: «Ich erfand eine neue Art der Verse. Verse ohne Worte oder Gedichte von Tönen, in denen das Gleichgewicht der Töne verteilt ist, im Verhältnis zu dem Wert, den sie in der ersten Linie haben. Ich trug ein spezielles Kostüm, speziell von Janco entworfen. Meine Beine waren bedeckt von Röhren aus blauem, leuchtendem Karton, die bis zu den Hüften reichten. Ich bot daher den Aspekt eines Obelisken. Ich rezitierte das folgende Gedicht:

Gadji beri bimba
glandridi lauli lonni cadori
gadjama bim beri glassala
glandradi glassala tuffm i zimbrabim
blassa galassasa tuffm i zimbrabim

Mit diesen Tongedichten wollten wir verzichten auf eine Sprache, die verwüstet und unmöglich geworden ist durch den Journalismus. Wir müssen uns in die tiefste Alchimie des Wortes zurückziehen und selbst die Alchimie des Wortes verlassen, um so der Dichtung ihre heiligste Domäne zu bewahren.»

Trotz seines gefährlichen Äußeren war Ball menschlich: Er liebte Emmy Hennings. Als sie sich nicht entscheiden konnte, ob ein kräftiger, gut aussehender Spanier oder Ball ihr Favorit sei, folgte Ball ihr mit einem Revolver in der Tasche [so behauptete sie] und machte eine Haussuchung bei mir, um zu sehen, ob die Liebenden etwa bei mir versteckt wären. - Hans Richter, Dada-Profile. Zürich 1961