Klettentier  ⁽²⁾  «. . . Du machst dir Illusionen: was erhoffst du dir eigentlich? Nachdem du mir eines Tages von ihr gesprochen hattest, konnte ich mir unschwer vorstellen, daß du früher oder später in dieser Carla eine Rettung vor mir suchen würdest. Vor mir! Als ob dir von mir nicht so viel Gutes gekommen wäre, gib's zu, und als ob wir beide nicht füreinander geschaffen wären. Und was willst du ihr geben? Sie ist doch ein Mädchen, dem es nach so viel verlangt, und vielleicht ist sie gar nicht so, wie sie scheint (und du bist ja naiv, und ich habe die Pflicht, dich zu beschützen), sie ist ein lebensdurstiges Mädchen; und was könntest du ihr von dem geben, was sie haben will? Glaube mir, mein Kleiner, mein Liebling, wir haben nicht viel, was wir anderen geben könnten, denn alles, was wir haben, ist für uns beide, ist füreinander. Ach, du willst dich von mir trennen, willst mich jetzt verlassen, einfach so, und mir diese letzten Jahre des Lebens, des wahren Lebens nehmen, die mir noch übrigbleiben? Merke dir das gut: von mir wirst du nie frei sein. Weil... O mein Gott, nein, halte mich nicht für diesen schwarzen Unglücksraben, der dir auf der Schulter sitzt, und auch nicht für dieses anmaßende Lorbeergewächs, mit dem du mich mehr als einmal verglichen hast, das dir mit seinem Schatten und seinen Wurzeln Saft und Leben entzieht. . . Das alles nur, weil ich ja selbst nie von dir frei sein werde, weil dir jeder Gedanke und jeder Herzschlag von mir gehört, weil alles, was ich habe, dir gehört, dir, dir ...»

Nun rang sie die Hände und weinte. Und, wie stets, wenn sie weinte, lasteten ihre Tränen vor dem Überquellen erst auf den unteren Lidrändern, bis diese nachgaben und sich zum Teil entblößten. So daß diese Lider am Ende wie eingerissen und die Augen ganz leprazerfressen erschienen.  - (land2)