lebrigkeit Die junge Frau kniete neben dem bäuchlings im Sand liegenden Mann nieder, um ihn aus der Nähe zu betrachten. Der Tag begann zu grauen, und das Meer, das die ganze Nacht laut gegen das Ufer angerannt war, plätscherte in langsamen Wellen leise an den Strand. Der Mann lag mit gespreizten Beinen da, das Gesicht halb im Sand vergraben. An seinem Hals klaffte eine breite Wunde, und der Sand darunter war dunkel gefärbt. Der Himmel wurde allmählich heller, obwohl alles noch in ein düsteres Grau getaucht war, das Meer, der endlose, einsame Strand und dahinter die Waldung.
Der Mann war noch jung. Er hatte dichtes, glänzendes tiefschwarzes Haar.
Ganz klebrig, dachte die junge Frau. Ihre Lippen formulierten den Gedanken auf
deutsch. Sie erinnerte sich an das klebrige Gefühl, das sie gehabt hatte, als
sie ihm zum erstenmal über das Haar gestreichelt
hatte. Auch das kurzärmelige weiße Hemd war an der rechten Schulter blutbefleckt.
Sie stand auf und dachte, wiederum deutsch: Was kümmert es mich? Noch jetzt
spürte sie an ihrem Schienbein den Schmerz von dem Fußtritt,
den er ihr gegeben hatte. -
Giorgio Scerbanenco, Venedig sehen und sterben. Bern München Wien 1977
Klebrigkeit (2) Nachher
im Dunkeln, als er neben ihr lag, fiel ihm Geralds Bemerkung über den unangenehmen
klebrigen Effekt wieder ein, und er dachte, daß Gerald und sie, seine Frau
neben ihm, sich darin ähnlich waren. Beide mochten sie diese Flüssigkeit
zuletzt nicht, auch sie nicht, glaubte er manchmal deutlich an ihren Bewegungen
zu erkennen. Ihn selbst störte das nicht. Es klebte, roch ein wenig fremd,
ein weicher laugenartiger Geruch, und er fand es übertrieben, sich daran
zu stören. Man brauchte es ja schließlich hinterher nur abzuwischen,
ohne sich dabei etwas zu denken. Oder runter-zuscblucken. Was sie aber
offenbar nicht konnte. - (brink)
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