latschweib Ach seine Krankheit, kommen Sie mir nicht damit, eine Plage für seine ganze Umgebung, ständige Krisen, Gekeife wegen lächerlicher Kleinigkeiten, wenn der Diener was
vergessen hat, der Lebensmittelhändler sich getäuscht hat, alles ist ihm recht
um aus der Haut zu fahren, gerade daß er sich nicht mehr auf dem Boden wälzt
wie als kleiner Junge, seine Mutter hat es mir erzählt gehabt, ich persönlich
nenne das einen sturen Bock der eine Tracht Prügel verdiente, er läßt seinen
Doktor verkünden Monsieur wäre schwer krank, aber das ist Quatsch wissen Sie,
auch so'n komischer Kauz, dieser Doktor, schlicht und einfach ein Nassauer,
seine Klinik, da ist er schon lange nicht mehr, er hat einen Nachfolger, der
Opa, und jetzt langweilt er sich wie 'ne tote Ratte, er hat ganz schön nachgelassen,
unter uns gesagt, der Kalk fängt an zu rieseln, er schlurft nur noch in kleinen
Schritten, brabbelt ständig was zwischen seinem Gebiß, aber wenn es darum geht
den Meister anzupumpen, sich bei ihm dreimal in der Woche zum Spachteln einzuladen
und ihm Medizin zu verschreiben, die er angeblich braucht, da hat er noch alle
seine Sinne beisammen, ein Blutsauger, ganz richtig, ohne die geringste Scham,
und der andere glaubt er sei hart wie Eisen, mein lieber Freund, mein Schutzengel,
da sehen Sie mal, mit Ach und Krach daß sie nicht zusammen schlafen, nein, wissen
Sie, unter diesen Umständen alt werden, Lügereien, Komödie, eine solche Erniedrigung,
fragen Sie den Diener was der davon hält, aber der wird nichts sagen, der ist
viel zu glücklich, der auch, daß er seinen Chef ausnehmen kann, manchmal überkommt
mich die Lust ... aber eh ich 'ne Dummheit sage, lieber beiß ich mir die Zunge
ab, reden wir besser von was anderm.
- Robert Pinget, Der Feind. Berlin 1988
Klatschweib (2)
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