Klappbett  Ich ging in das Wohnzimmer zurück, klappte das Wandbett ein Stück herunter, sah an der Seite mit dem Spiegel vorbei in die Ankleidekammer, um Anzeichen zu entdecken, ob sie kürzlich benutzt worden war. Als ich das Bett noch weiter herunterließ, wußte ich, daß ich wirklich nicht länger nach Perlen zu suchen brauchte, denn ich hatte einen Mann vor mir.

Er war klein, mittleren Alters, eisengrau an den Schläfen, mit sehr dunkler Haut, trug einen rehfarbenen Anzug mit einer weinroten Kra= watte. Seine gepflegten, braunen Hände hingen lose an seinen Seiten herunter, seine kleinen Füße, in spitzen, polierten Schuhen, erreichten mit den Spitzen fast den Boden.

Er hing mit einem Gürtel um den Hals am oberen Ende des Metallrahmens der Bettstelle. Seine Zunge ragte ihm weiter aus dem Mund, als ich je geglaubt hatte, daß eine Zunge reichen könnte.

Er schwankte ein bißchen, und das behagte mir nicht. Darum ließ ich das Bett ganz herunter, und er legte sich friedlich auf die beiden auf dem Bett festgeschnallten Kissen. Ich berührte ihn noch nicht. Ich brauchte ihn auch gar nicht erst anzufassen, um zu wissen, daß er eiskalt war. Ich drückte mich an ihm vorbei in die Ankleidekammer und faßte mit dem Taschentuch die Griffe der Schubladen an, um sie zu öffnen. Es war alles völlig ausgeräumt, abgesehen von den nichtssagenden Kleinigkeiten, die ein einzelner Mann zurückläßt, wenn er auszieht.

Ich durchsuchte den Toten. Keine Brieftasche. Waldo mußte sie an sich genommen haben, urn sie zu vernichten. Eine flache Schachtel mit Ziga= retten, noch halbvoll, mit goldenem Aufdruck »Louis Tapia de Paysand, 19, Montevideo«, Streichhölzer aus dem Spezzia Club, ein Schulterhalfter aus dunklem, genarbtem Leder und darin eine Neun=Millimeter=Mauser.

Die Mauser machte ihn zum Professionellen, deshalb war ich nicht mehr ganz so erschüttert. Aber er konnte kein sehr guter Professioneller gewesen sein, sonst hätte ihn niemand mit bloßen Händen erledigen können, ehe er dazu kam, nach seiner Mauser zu greifen - einer Kanone, mit der man eine Mauer umlegen konnte.    - Raymond Chandler, Gefahr ist mein Geschäft. Frankfurt am Main und Berlin 1966

Klappbett (2) „Alles Quatsch", sagte er leise. „Du vergeudest deine Zeit, Steve."

Er ging zur Tür und griff nach der Klinke, kehrte dann zu dem Bett zurück und hob es am Fußende hoch.

Miss Marylin Delorme war zu Hause.

Sie lag auf der Seite unter dem Bett auf dem Fußboden, die langen Beine gespreizt, als ob sie liefe. An einem Fuß hatte sie einen Pantoffel. Über den Strümpfen waren Strumpfhalter und Haut zu sehen und eine blaue Rose auf etwas Rosafarbenem. Sie trug ein kurzärmeliges Kleid mit viereckigem Halsausschnitt, das nicht besonders sauber war. Ihr Hals über dem Kleid zeigte violette Druckstellen.

Ihr Gesicht hatte die dunkle Farbe von Pflaumen, ihre Augen das schwache stumpfe Schimmern des Todes, und ihr Mund stand so weit offen, daß ihr Gesicht verkürzt wirkte. Sie fühlte sich kälter als Eis an und war noch ganz schlaff. Sie war mindestens zwei oder drei Stunden tot, höchstens sechs.

Die rote Handtasche ;lag neben  ihr, klaffte offen wie ihr Mund. - Raymond Chandler, Der König in Gelb. Frankfurt am Main und Berlin 1967

 

Bett

 

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