lage    WJE IST DAS GOLD SO GAR VERTUNCKELT / VND  das Feingold so heslich worden? Vnd ligen die steine des Heiligthums fornen auff allen gassen zerstrewt.
Die edlen kinder Zion / dem golde gleich geacht / Wie sind sie nu den erden Topffen vergleicht / die ein Töpffer macht.
Die Drachen reichen die brüste jren Jungen / vnd seugen sie / Aber die Tochter meins volcks mus vnbarmhertzig sein / wie ein Straus in der Wüsten.

Dem Seugling klebt seine Zunge an seinem gaumen für Durst / Die jungen Kinder heischen Brot / vnd ist niemand / ders jnen breche.
Die vorhin das Niedlichst assen / verschmachten jtzt auff den gassen / Die vorhin in Seiden erzogen sind / die müssen jtzt im Kot ligen.
Die missethat der Tochter meines Volcks ist grösser / denn die sünde Sodom / Die plötzlich vmbgekeret ward / vnd kam kein hand dazu.
Jre Nazarei waren reiner denn der Schnee / vnd klerer denn Milch / Jr gestalt war rödlicher denn Corallen / jr ansehen war / wie Saphir.
Nu aber ist jr gestalt so tunckel für schwertze / Das man sie auff den gassen nicht kennet / Jr Haut henget an den Beinen / vnd sind so dürr als ein Scheit.
Den erwürgeten durchs Schwert geschach bas / weder den / so da Hungers storben / Die verschmachten vnd erstochen worden vom mangel der fruchten des Ackers.
Es haben die barmhertzigste Weiber jre Kinder selbs müssen kochen / das sie zu essen hetten / Jn dem jamer der Tochter meines Volcks. - Klagelieder Jeremia 4

Klage  (2)  Keiner scheint sie je gesehen zu haben; sie ist weniger eine Gestalt als ein klagender Laut, der die irischen Nächte und (laut Sir Walter Scotts Demonology and Witchcraft) das schottische Hochland mit Entsetzen erfüllt. Unter den Fenstern des heimgesuchten Hauses kündigt sie den Tod eines Familienmitgliedes an. Sie zu hören ist das besondere Vorrecht reinen keltischen Blutes ohne lateinische, angelsächsische oder skandinavische Beimischung. Man hört die Banshee auch in Wales und in der Bretagne. Sie gehört zur Sippe der Feen. Ihren Klagelaut nennt man keening. - (bo)

Klage  (3) Oft schon hat ein Grabräuber sich zu Tode niesen müssen, weil die Pena-Dura es so befahlen, um zu strafen, die Habsüchtigen auch nicht daran dachten, daß an der Stätte Echiun-tuwel'ahuen das Nieskraut wächst, das den Tod bringen kann, wenn man das Gegenmittel nicht kennt. Bei guten Menschen stirbt durch das Niesen der Gualichu ab, der im Körper sein kann, persönlich oder in Gestalt eines Gehilfen, der Krankheit verursachen wollte . .. Die Pena-Dura geben drei Schreie von sich ohne Worte. Es ist eine schauerliche Klage — sie beweinen ihr Schicksal, das sie unbewehrt, hungrig, frierend der Unterwelt zuschiebt, arm in jeder Hinsicht, wenn sie nicht Krieger waren oder Führer, die in den Wolken weiterleben, kämpfen, jagen, fischen, trinken, essen, nach Herzenslust sich bedienen lassen von schönen Mädchen ... Man soll die Toten nicht ihrer Schätze berauben: sie sind die einzige Wehr, die sie haben. - (arauk)

Klage  (4)  »Ich armselichter Armselichter, ohne meynen saftichten Vogel und ohne Eyer! Ich armselicht Zugerichteter und Ohnglücklichter! Mich durchfährts, als hätt die Seel mann mir zur Gäntz herausgerissen! Was suchet ein Mann ohne Vogel, ohne Lustwurz, ohne Horn, ohne Ruth, ohne Keyler in dieser Welt? Was suchet er? Mit einem Loche in loco. Bestrafet worden bin ich, weyl ich von der Natur ein Ey im Überflusz erhalten, und itzo hap ich nicht mal mehr eines! Und dieser Hundt, von woher kam er? Warum hat er die Eyer meyn gefressen, doch die von andren nicht? Wer hat ihm eingesagt, die meynen nur zu fressen? Oiweh, oiweh, schon fühl ich mich zu Bodten stürzen mit aller Ohnmacht! Oiweh, oiweh, so gar viel Bluth trytt aus und mit ihm auch meyn Leben! Was hilfft die Groszmuth gegen Unterthanen schon und all die Weythsicht, all der Muth, die Güth und Weisheyth? Was hilfft das alles? Ein streunend wildtes Hundsviech zerstörte meyn Leben. Hätt er mir einen Arm doch abgerissen, anstell des Vogels! Hätt er mir einen Fusz mitsamt dem Beyn doch ausgerissen bis zum Knie!« - Luigi Malerba, Pataffio. Berlin 1988

Klage  (5) Kehren wir zu unserer Phantasie zurück: daß nämlich das, was du durchmachst - Angst und Schrecken - generativ ist und eben jene wehklagend schwere Verwandlung generiert; und deshalb könnte der Groll, den du in diesem Klang vermutest, auch etwas sein, das ohne dich nicht existierte. Du also zeugst das Sein? Nicht du - deine Angst ist samengleich, spermatisch. Aber nehmen wir nun als nicht unbegründet die folgende Hypothese: daß das Sein der Angst entspringt und daß diese deine ist. In dem Augenblick, da sich der Übergang, der sich im Sein erfüllt, aller Wahrscheinlichkeit nach vollzieht, fällt dir die Aufgabe zu, eine Haltung - irgendeine - dem Gluckern gegenüber zu beziehen. Wir haben es als Klage definiert. Du bist nicht ganz sicher, es ist aber wahrscheinlich, daß es sich um eine Klage handelt. Jedenfalls ist jener Klang demjenigen, den du als Klage betrachtest, ähnlich. Du erkennst also in jenem Klang einen dir eigenen Klang, in jener Redeweise eine dir eigene Weise. Also erkennst du auch die Klage, denn die Klage ist eine sprachliche Form von dir und dir darum nicht fremd, sondern im Gegenteil natürlich; ich meine jene Klage. Das Gluckern kommt von einem Wesen her, oder vielmehr von einem Beinah-Wesen, von dem wir angenommen haben, es sei ein Monstrum. Wir wissen nicht, ob es ein Monstrum ist, aber sagen wir, die Hypothese, es sei ein Monstrum, ist das Äußerste, was wir bemühen können. Nehmen wir also an, es sei ein Monstrum; wenn du nun aber deine Klage als mit jener Klage blutsverwandt erkennst - heißt das dann nicht, daß du so eng mit dem Monstrum verwandt bist, daß es nicht ausgeschlossen erscheint, in dir nichts anderes zu sehen als ein Monstrum? Doch kehren wir zur Bedeutung der Klage zurück. Das Gluckern, in dem sie sich ausdrückt, ist kein edler und würdiger Klang;  aber wir wissen nicht,  ob  seine Nichtswürdigkeit auf seinem Klagesein beruht oder auf einer inneren Eigenschaft seiner Modulation. Jedenfalls kennen wir die Klage in einer Form, die man ohne Ubertreibung als schändlich bezeichnen kann. Da  aber die  Klage mit dir verwandt  ist  und  du schweigst, könnten wir auch folgendes vermuten: daß jenes Gluckern eine delegierte Klage ist, und daß seine Schändlichkeit darauf beruht, daß es mit einem unerträglichen Auftrag belastet ist; und wenn du merkst, was du unweigerlich merken mußt, daß es rings um das Gluckern still geworden ist - in Wirklichkeit dauert die Stille nur an, aber auch die Geräusche scheinen jetzt wie verflüchtigt - dann kannst du vermuten, daß  die Klage in Wahrheit kollektiv ist,  also  ein ganzer Haufen von delegierten Klagen, unter denen die philosophisch dürftigen, ja die widersprüchlichen oder schlecht durchdachten überwiegen; und wenn deine Klage unter diesen Klagen weilt, dann heißt das, daß du Nutzen daraus ziehst oder daß die Lage dir entspricht. Doch man bedenke auch dieses: wenn deine Klage eine der unzähligen verschwiegenen weil an das Gluckern delegierten Klagen ist, das wie gesagt von einem Monstrum stammen kann, dann ist es ganz unvermeidlich, daß unter den vielfach delegierten Klagen auch Monstren sind; schweigsame eben, was zeigt, daß es auch schweigsame Monstren geben kann; also schließt selbst deine Stille dich nicht von der Möglichkeit aus, selbst Monstrum zu sein. - Giorgio Manganelli, Geräusche oder Stimmen. Berlin 1989

Leid

 

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