Kirmes   Es ist mir oft so vorgekommen, als ob mein Vergnügen darin läge, immer nur gerade vor mich hinzugehen, ohne zu wissen, wohin, ohne daß jemand sich darüber beunruhigte, und immer neue Länder zu sehen. Niemals bin ich glücklich da, wo ich bin, und ich glaube immer, daß ich glücklicher da wäre, wo ich nicht bin. Und denkt nur, auf der letzten Kirchmeß des Nachbardorfes habe ich drei Männer gesehen, die so leben, wie ich leben möchte. Ihr anderen habt nicht auf sie geachtet. Sie waren groß, fast schwarz und sehr stolz, wenn auch in Lumpen; sie sahen aus, als ob sie keinen Menschen nötig hätten. Ihre großen, dunklen Augen glänzten hell auf, während sie Musik machten, eine Musik, so überwältigend, daß sie Lust erweckte bald zu tanzen, bald zu weinen oder beides zugleich zu tun, und daß man verrückt werden könnte, wenn man ihr allzu lange zuhörte. Der eine, wie er den Bogen langsam über seine Geige zog, schien einen Kummer zu erzählen, und der andere, indem er seinen kleinen Hammer auf den Saiten eines kleinen Klaviers hin und her hüpfen ließ, das, mit einem Riemen befestigt, an seinem Halse hing, sah aus, als ob er sich über das Klagelied seines Freundes lustig machte, während der Dritte von Zeit zu Zeit seine Zimbeln mit außerordentlicher Heftigkeit gegeneinander schlug. Sie waren so zufrieden mit sich selbst, daß sie ihre wilde Musik noch weiter spielten, sogar als die Menge sich schon längst verlaufen hatte. Zuletzt lasen sie ihre Pfennige zusammen, luden ihr Gepäck auf den Rücken und zogen ab. - Charles Baudelaire, Der Spleen von Paris. Zürich 1977 (Übs. Walther Küchler)
 

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