irchenstadt In
Goa gibt es Kirchen, Kapellen, Kathedralen, Basiliken, Kirchlein, verstorbene,
im Todeskampf liegende, blühende, herzliche, anachoretische, abweisende, liebenswürdige
Kirchen; gottverlassene Kirchen - nur noch aus Mäuerchen und baufälligen Kirchtürmen
bestehend; öde, verlassene Klöster; überfüllte Klöster; es gibt Nonnen, es gibt
Priester, es gibt Nonnenfriedhöfe und Priesterfriedhöfe; Grabsteine von Bischöfen,
apostolischen Nuntii und Vizekönigen mit lauter heiligen Sprüchen: es gibt Chöre,
heiliges Goldgerät, berückende Sakramente, noble Meßgewänder; mancherorts rankt
sich höhnisch Gestrüpp um zerfallene Altäre; entweder erschallen edle Kirchenglocken
oder es hockt exotisches Geflügel im Luftraum lautloser, versunkener Glocken.
Ein weißes Gemäuer kann das Nichts verbergen oder durchreisende Seminaristen
und Priester beherbergen. Hier ist das Rom des Orients,
bekomme ich gesagt; aber meiner Meinung nach hat Rom im Vergleich zu Goa einen
allzu starken Stich ins Laizistische, ins Profane. - Giorgio Manganelli,
Das indische Experiment. Berlin 2004 (zuerst 1992)
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