Kirche, unsichtbare   »Wie Ihr Euch vor dem Volk als der abenteuerlichste Ciarlatano gebärdet, wie Ihr dann Euch wieder in unsrer Gesellschaft gefallt, alles Italische vergessend und ergetzend mit wunderbaren Geschichten, die uns recht tief ins Gemüt dringen, und dann wieder faselnd und fabelnd doch zu verstricken und festzuhalten wißt in seltsamen Zauberbanden, In der Tat, das Volk hat recht, wenn es Euch für einen Hexenmeister ausschreit; ich meinesteils denke bloß, daß Ihr der unsichtbaren Kirche angehört, die sehr wunderliche Glieder zählt, unerachtet alle aus einem Rumpf gewachsen.«

»Was könnt«, rief Celionati heftig, »was könnt Ihr von mir denken, mein Herr Maler, was könnt Ihr von mir meinen, vermuten, ahnen? - Wißt ihr alle denn so gewiß, daß ich hier unter euch sitze und unnützerweise unnützig Zeug schwatze über Dinge, von denen ihr alle gar nichts versteht, wenn ihr nicht in den hellen Wasserspiegel der Quelle Urdar geschaut, wenn Liris euch nicht angelächelt?«

»Hoho!« riefen alle durcheinander, »nun kommt er auf seine alten Sprünge, auf seine alten Sprünge - Vorwärts, Herr Hexenmeister! - Vorwärts.«

 »Ist wohl Verstand in dem Volke?« rief Celionati dazwischen, indem er mit der Faust heftig auf den Tisch schlug, so daß plötzlich alles schwieg. »Ist wohl Verstand in dem Volke?« fuhr er dann ruhiger fort. »Was Sprünge? was Tänze? Ich frage nur, woher ihr so überzeugt seid, daß ich wirklich hier unter euch sitze und allerlei Gespräche führe, die ihr alle mit leiblichen Ohren zu vernehmen meint, unerachtet euch vielleicht nur ein schälkischer Luftgeist neckt? Wer steht euch dafür, daß der Celionati, dem ihr weis machen wollt, die Italiener verstünden sich nicht auf die Ironie, nicht eben jetzt am Ganges spazieren geht und duftige Blumen pflückt, um Pariser Rapp£ daraus zu bereiten für die Nase irgendeines mystischen Idols? - Oder daß er die finstern schauerlichen Gräber zu Memphis durchwandelt, um den ältesten der Könige anzusprechen um die kleine Zehe seines linken Fußes zum offizinellen Gebrauch der stolzesten Prinzessin auf der Argentina? - Oder daß er mit seinem intimsten Freunde, dem Zauberer Ruffiamonte, im tiefen Gespräch sitzt an der Quelle Urdar? ~ Doch halt, ich will wirklich so tun, als säße Celionati hier im >Caffè greco<, und euch erzählen von dem Könige Ophioch, der Königin Liris und von dem Wasserspiegel der Quelle Urdar, wenn ihr dergleichen hören wollt.« »Erzählt«, sprach einer der jungen Künstler, »erzählt nur, Celionati; ich merke schon, das wird eine von Euern Geschichten sein, die hinlänglich toll und abenteuerlich, doch ganz angenehm zu hören sind.«  - E. T. A. Hoffmann, Prinzessin Brambilla (zuerst 1820)

Kirche

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