inowirkung
Seit Hallelujah träume ich von
einer ähnlichen Heiligen wie jener blutigen Nonne, der
man um Mitternacht an manch einer Straßenecke in Schauerromanen begegnet, einer
Heiligen mit nacht-farbenem Körper, schmutzverschmierter Haube und blutbeflecktem
Kleid; die sich barfuß, abgerissen und halbwahnsinnig in den finstersten Spelunken
irgendeines Harlems oder Whitechapels herumtreibt, lauthals lacht, becherweise
Whisky trinkt und wundervoll daherfaselt.
Schön wäre es auch, sie würde allen Weißen ins Gesicht speien
oder sie zum rechten Glauben bekehren, indem sie sich in den Hüften
wiegt, um dann das Kleid zu schürzen. - Michel Leiris,
Leidenschaften. Frankfurt am Main 1992 (Fischer-Tb. 10560)
Kinowirkung (2) Ich glaube, daß das Kino auf die Zuschauer
eine gewisse hypnotische Kraft ausübt. Man braucht
nur zu beobachten, wie die Leute aus dem Kino kommen, in Schweigen versunken,
mit gesenktem Kopf und in Gedanken weit weg. Im Theater, bei der Corrida oder
bei Sportveranstaltungen äußern sich die Zuschauer viel energischer und lebhafter.
Die kinematographische Hypnose, die leicht und unbewußt ist, rührt zweifellos
von der Dunkelheit im Saal her, aber auch vom Wechsel der Einstellungen und
des Lichts und den Kamerabewegungen, die die kritische Intelligenz des Zuschauers
reduzieren und ihn einer Art von Faszination und Vergewaltigung unterwerfen.
- Luis Buñuel, Mein letzter Seufzer. Berlin, Wien, Frankfurt am
Main 1985