Kinoklo  Unter der geschlossenen Tür war mindestens ein halber Meter Platz, genau wie unter der Seitenwand, die die Kabine vom Pissoir trennte. Ich balancierte auf der Klobrille und ging in die Hocke, um meinen Oberkörper zu verstecken. In der metallenen Seitenwand befand sich ein winziges Loch, und mit einem Auge konnte ich etwas erkennen. Ich konnte einen Mann beobachten, der vor dem Pissoir stand, und außerdem würde ich einen flüchtigen Blick auf jeden werfen können, der durch die Tür hereinkam.

Es war verdammt heiß auf dem Scheißhaus. Die stinkende Latrine war, anders als das restliche, stinkende Kino, nicht klimatisiert, und die leichte Anstrengung, auf das Waschbecken zu klettern und das Fenster zu öffnen, hatte meine Poren geöffnet. Unmittelbar vor mir war der Spalt an den Türscharnieren gerade breit genug, den fleckigen Spiegel über dem Waschbecken zu sehen, nicht aber das Waschbecken selbst. Wie ich da kauerte, unbequem, in dieser Hitze schwitzend, die Beine aufgrund meiner unnatürlichen Haltung zunehmend verkrampfter, kam ich mir wie ein verdammter Idiot vor.

Ich umklammerte das eingewickelte Moniereisen mit der rechten Hand und richtete mich auf ein längeres Warten ein. Ohne Rücksicht auf die Unbequemlichkeit würde ich die ganzen zwei Stunden durchhalten. Früher oder später mußte Wright bemerken, daß ich nicht mehr im Zuschauerraum war, und dann würde er herausfinden, daß ich aufs Scheißhaus gegangen war. Vielleicht wußte er es ja auch schon. Wenn er reinkam, um nachzusehen, und entdeckte, daß das Fenster offenstand, würde ich mich auf ihn stürzen. So sah mein simpler Plan aus, aber je länger ich dort hockte, desto blöder kam mir die Idee vor.

Ein junger Latino von vielleicht zwanzig oder einundzwanzig kam herein und kämmte sich vor dem Spiegel seine zotteligen Locken. Er schlenderte zum Pissoir und zog den Hosenstall auf. Während ich ihn beobachtete, masturbierte er schnell ins Pißbecken. Ungefähr zwanzig Sekunden - zip, zip, zip. Weder hatte ich erwartet, so was mitansehen zu müssen, noch wollte ich es sehen. Ich bekam vor Verlegenheit einen knallroten Kopf. Ich spürte die Hitze in meinen Wangen aufsteigen. Er kehrte ans Waschbecken zurück, kämmte sich wieder die Haare und verließ, ohne sich vorher die Hände zu waschen, das Scheißhaus.  - Charles Willeford, Miami Love. Reinbek bei Hamburg 1993 (rororothriller 3107, zuerst 1988)

 

Kino Toilette

 

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