Kindertraum  Ich erinnere mich, daß ich während Monaten in regelmäßigen Abständen abends nicht einschlafen konnte, ohne mir vorher vorzustellen, daß ich in der Dämmerung durch einen dichten Wald ging und zu einem grauen Schloß gelangte, welches sich an einem ganz versteckten und verlassenen Fleck erhob. Dort tötete ich zwei Männer, die sich nicht zu verteidigen vermochten; der eine, der ungefähr siebzehn Jahre alt war, sah immer blaß und erschrocken aus; der andere trug auf der linken Seite einen Panzer, an dem etwas wie Gold glänzte. Ich vergewaltigte zwei Frauen, denen ich zuvor die Kleider vom Leibe riß, zuerst eine Zweiunddreißigjährige mit einem Gesicht wie Alabaster, die ganz in Schwarz war, dann ihre Tochter, um die weiße Schleier flatterten. Der ganze Wald widerhallte von ihren Schreien und Klagen. Auch sie tötete ich, aber sehr langsam (es war nun Nacht), oft neben einem Teich mit grünem Moderwasser, der vor dem Schloß lag. Jedesmal mit leichten Abwandlungen. Hernach ließ ich das Schloß abbrennen und schlief zufrieden ein.   - Alberto Giacometti, nach: Als die Surrealisten noch recht hatten. Texte und Dokumente, Hg. Günter Metken. Stuttgart 1976

Kindertraum (2) Collombet, 10 Jahre alt:

Es kam ein Gerippe und sagte zu mir: ich will dich mitnehmen, weil du schon so lange lebst, Kleiner. Ich werde eine Mistgabel nehmen und dich darauf zum Teufel befördern. Als wir beim Teufel angekommen waren, war da nicht genug Platz für mich. Der Teufel sagte: Weil es hier nicht genug Platz gibt, werde ich dich fressen. Im Bauch des Teufels habe ich jede Menge kleiner Kinder gesehen. Aber der Teufel sagte: Ich kriege keine Luft mehr. Und er sagte zu mir: Geh aus meinem Bauch heraus, kleines Ungeheuer. Und jetzt troll dich wieder auf die Erde! Das Gerippe kam wieder und sagte mir, daß ich jetzt aufwachen müsse. Da war mein Traum zu Ende.

Duval, 11 Jahre alt:

Einmal habe ich geträumt, daß ich in meinem Zimmer war. Plötzlich gleiten meine Schuhe über das Parkett und laufen an der Wand hinauf. Als sie am oberen Rand der Wand angekommen sind, rufe ich ihnen zu: Schickt mir doch Ansichtskarten! Als sie da oben so saßen, da sehe ich plötzlich in der Wand rote Teufel mit langen Ohren. Sie stießen mich herum und sprangen auf das Bett. Einer von ihnen setzte sich auf den Sessel. Der Sessel dreht sich zur Wand hin und der rote Teufel wird in die Wand hineingezogen und die anderen in den Fußboden. Der letzte klettert an der Wand hinauf. Ich nehme einen Putzlappen und werfe ihn nach ihm. Er nimmt ihn und verschwindet.

Lazare, 11 Jahre alt:

Eines Tages habe ich geträumt, daß mich ein Hund abholte, damit wir Ratten töten gingen. Ich habe einen Holzschuh genommen und auf eine Ratte eingeschlagen, die gleich tot war. Da hat der Hund die Ratte genommen und sie in der Erde begraben und er holte gelbe Blumen und verwelkte Rosen und begoß sie, indem er sein Bein hob.   - Nach: Als die Surrealisten noch recht hatten. Texte und Dokumente, Hg. Günter Metken. Stuttgart 1976

 

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