Kinderfleisch  Einmal sah ich meine Mutter von der Ferne kommen, als sie mich besuchte, und sie sagte dann zu meiner Großmutter, ich sei in nullkommanix bei ihr gewesen! Meine Mutter umarmte mich und erzählte mir von Kindern, die zu Konserven verarbeitet wurden, wie das nach dem Krieg üblich gewesen sei. Dabei dachte ich an meinen Vater, die befreiende Entfernung, in der er von mir lebte. Ich wehrte sie ab, indem ich mir sagte, sie rieche nach Hartkäse. Als ich gestern durch München irrte, dachte ich: Meine Mutterbrust war eine braune Sportlerbrust. Bei einem Glas Bier alles begreifen. Jetzt fällt mir ein, daß ich damals das Kinderfleisch nicht in cornedbeefähnlichem Zustand sah, sondern als ganze Daumen mit Haut eingedost und große Querschnittsschnitte der Gliedmaßen. Bei uns im Dorf gab es als einzigen Industriebetrieb eine Konservenfabrik in einem mächtigen Walmdachgebäude, wo auch in einem Zimmer im Parterre die Post untergebracht war.   - Herbert Achternbusch, L'Etat c'est moi. Frankfurt am Main 1972
 
 

Kind Menschenfleisch

 

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