Kind, reifes  Eilif Borg erklärte: »Ich hatte mir vorgenommen, mein Herz durch kein noch so frisches und wohlgestaltetes Mädchen betören zu lassen, als ich diese Sigrid an einer Etagentür kennenlernte. Sie war ein Kind, und doch vollkommen reif. Sie nahm von meinen Lippen den ersten Kuß. Es war mühelos, sie zu verführen. Sie tat alles, was ich ihr sagte. Sie bot Stellungen an wie die abgefeimteste Dirne. Und war ein weiches Kind.« Er zögerte an wenig. »Sie hat Füße, wie nach einer geometrischen Zeichnung angefertigt und bewegliche Zehen. Wie die Finger an unserer Hand. Und ihr Rücken ist behende wie der Schwänz eines Schweinchens. Er kann rund wie eine Kugel werden und hohl wie eine Schale.« Harald atmete schwer.

»Erst nach sieben Monaten erfuhr ich, sie war schwanger«, sagte Borg, »ich wurde zornig. Und beschloß, sie zu heiraten; wiewohl sie mich darum nicht gebeten. Ich wollte sie unter die Erde bringen, ins Grab. Sie totärgern. Sie prügeln.«

Harald schaute mit entsetzten Augen auf den Burschen. Es fiel ihm nichts ein, was vorzubringen wäre. Es war nur ein Schmerz in ihm. Und der stumme Wunsch, das Kind kennenzulernen, das gewiß schon halb tot. Zertreten.

»Die Natur erfand einen glücklichen Ausweg«, sagte Borg, »das Neugeborene starb am dritten Tage seines Lebens. Ich hatte nur den Nachteil, die Begräbniskosten bezahlen zu müssen. Fünfundsiebzig Kronen. Alles in allem ein teurer Preis für das Vergnügen eines halben Jahres.«  - Hans Henny Jahnn, Perrudja. Frankfurt am Main 1966 (zuerst 1929)

Kind Reife

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