Jene sandte vom Ufer dem blaugeschnäbelten Schiffe Jetzo erreichten wir des tiefen Ozeans Ende. |
- Homer, Odyssee (Übs. Johann Heinrich Voß)
Kimmerier (2) Die Kimmerier gehen
auf die Jagd, ernten Früchte und bebauen Felder; und wir wissen, daß die Pflanzen,
die dabei wachsen, wie die Tiere, von denen sie sich nähren, nicht welk und
kärglich sind, nicht unter dem Sonnenmangel leiden, sondern nur Formen und Farben
annehmen, die uns seltsam und abstoßend erscheinen: grün die Eingeweide der
Tiere, grau das Laub, rot wie altes Blut das Gras. Trotzdem sind Tiere und Gras
für uns nicht giftig, aber ihr Geschmack widert uns an oder vielleicht hat,
wenn ich so sagen darf, dieses Anwidernde genau das, was wir unter Geschmack
verstehen, doch als geschmacklos und somit als gleichgültig kann man sie nicht
bezeichnen. Was man von den Menschen weiß, erscheint nun schon vollständig,
besonders wenn man die wenigen und zweitrangigen Aufzeichnungen überprüft haben
wird, die im folgenden zu lesen sind. Von ihrer Unfähigkeit, sich dem Leben
in Gegenden wie den unseren anzupassen, wußte man bereits; wenn sie mit der
Sonne in Berührung kommen, werden sie welk und erkranken in kurzer Zeit an einer
Seuche, die wir nicht zu heilen vermögen, und sterben. Ihre Augen sind unvollkommen
oder eher geeignet, unter Bedingungen besser zu leben, die uns unnatürlich erscheinen;
anderswo sind sie zu nichts nütze. Ihre spitzen,
beweglichen Ohren sind fein ausgebildet; aber mit dem Gehörsinn verbunden
ist bei jenen Wesen eine Art geheime, ununterbrochene Alarmbereitschaft; beinahe
als wären sie es gewohnt, in einer Welt voll verborgener Herausforderungen zu
leben; obwohl sie, von uns befragt, erwiderten, in ihrem Land hausten weder
wilde noch hinterlistige Tiere; diese fortwährende Beunruhigung, die allerdings
ziemlich friedlich und still ist, schreiben wir ihrer vollkommen nächtlichen
Lebenslage zu. - Giorgio Manganelli, Kometinnen
und andere Abschweifungen. Berlin 1997 (zuerst 1996)
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